28. März 2024

Vom Unvermögen der Bahn und Telekom: Offline im Zug

Die Deutsche Bahn stellt in ihrer Werbung immer wieder heraus, dass durch eine Fahrt mit dem ICE Reisezeit zu Nutzzeit wird. Anstatt einfach nur hinter dem Steuer seines Autos zu sitzen, soll der Reisende in den bequemen ICE-Zügen seiner Arbeit nachgehen können.

Für einen IBM Lotus Notes-Nutzer wie mich, der den größten Teil seines Datenbestands offline auf seinem MacBook mit sich herumträgt, bedarf es nicht mehr als eines Tisches und ggf. einer 230V-Steckdose.

Nun soll es aber verwegene Menschen geben, die zum effektiven Arbeiten auf einen Zugang zu diesem Neuland-Dings angewiesen sind. Wie hieß das nochmal? Ach ja: Internet.

Theoretisch sind die meisten ICE-Züge und fast alle Strecken, auf denen ICE-Züge fahren mittlerweile entsprechend ausgestattet. Die Technik an Bord wird über einen Mix aus dem öffentlich verfügbaren UMTS/LTE-Netz der Telekom und einem speziellen Datennetz im Bereich von 450MHz (ehemals C-Netz) mit Daten versorgt.

Das könnte alles so schön sein, wenn es denn stabil funktionieren würde. Zu Beginn war das durchaus der Fall. Auf den damals versorgten Hauptstrecken machte die Nutzung wirklich Spaß, sofern der Hotspot im Zug dann auch funktionierte.

Bereits zu Beginn traten sehr häufig folgende Probleme auf:

  • Keine IP-Adressvergabe
  • HTTP-Verbindungen auf Port 80 nicht möglich (HTTPS und anderer Traffic funktionierten einwandfrei, was auf einen transparenten Proxy-Server hindeutet, der ausgefallen ist)
  • Aufbau der Anmeldeseite dauert bis zu einer Minute

Im Jahr 2013, nachdem viele weitere Strecken ausgebaut wurden, brach dieses System dann häufig komplett zusammen.

Nutzer, die Bahn und Telekom darauf hingewiesen haben, wurden vertröstet und an eine telefonische (!!!) Hotline verwiesen, die aus dem Zug angerufen werden sollte. Die Probleme wurden stets als Einzelfälle abgetan.

Erst nachdem sich die Beschwerden häuften und das Portal teltarif.de an die Öffentlichkeit ging, sah man bei Magenta die Notwendigkeit aus der Tiefschlafphase zu erwachen. Zugegebenermaßen haben sich seit Mitte 2014 die Schwierigkeiten mit schlechten Datenraten gemildert.

Was allerdings noch immer auftritt, sind die Probleme mit nicht erfolgender Vergabe von IP-Adressen. Damit ist natürlich kein Zugang zum Netz möglich. Dieser Fehler tritt häufig dann auf, wenn ein Zug stark ausgelastet ist.

Dazu muss man wissen, dass die meisten Geräte so eingestellt sind und sich erst einmal mit jedem verfügbaren WLAN verbinden. In meinem Fall gerne mal fünf Geräte (3x BlackBerry, 1x iPad und ein MacBook). Selbst wenn vier dieser Geräte sich nicht aktiv am Hotspot anmelden, so blockieren sie doch für die Dauer des Aufenthalts plus der am System gesetzten TTL jeweils eine Adresse. Diese steht dann anderen, später zugestiegenen Fahrgästen nicht zur Verfügung.

Zu diesem Thema finden mittlerweile regelmäßig sehr surreale Dialoge auf Twitter mit dem Team der Telekom statt. Viele Nutzer sind es einfach satt, dass die Telekom anstatt offen mit den Problemen umzugehen, die User einfach zu einer aus dem Zug kaum stabil zu erreichenden Hotline verweist. Es gibt nicht einmal mehr ein Kontaktformular dass man bspw. vom Smartphone ausfüllen könnte.

Liebe Telekom: Als Kunde ist es nicht meine Aufgabe, Euer Netz zu überwachen und Euch auf Ausfälle wichtiger Komponenten hinzuweisen. Dafür gibt es eine Menge von Tools.

Alleine die Vielzahl der Meldungen bzgl. DHCP-Adressvergabe hätte Euch in den letzten zwei Jahren zu Denken geben sollen. Aber anstatt einen einfachen Prozess zu etablieren (Kontaktformular mit Eingabe von Zug- und Wagennummer) haltet ihr stoisch an dem für Benutzer nicht akzeptablen Weg der telefonischen Kontaktaufnahme fest. Das mag für einen Hotel-Hotspot gut sein, aber nicht für einen ICE-Kunden.

Ich bin seit 1994 Kunde im Mobilfunknetz der Telekom und meine Rufnummer existiert seit 20 Jahren. Was das Thema Mobilfunk angeht, so bin ich mit der Telekom sehr zufrieden.

Von daher ist dieses Komplettversagen bei den Hotspots – sowohl bei Leistung als auch Kundenkommunikation – für mich völlig unverständlich.

Marc-Oliver Schaake

Lotus / IBM / HCL Notes Professional Mag Reisen mit dem Zug, insbesondere mit Nachtzügen Kartenzahler seit 1987

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