28. März 2024

Payback – Schluss mit Einfach

Ich glaube Payback als Kundenbindungssystem muss ich nicht großartig vorstellen. Nach der girocard ist die Payback Karte die am zweithäufigsten in deutschen Portemonnaies anzutreffende Karte.

Wer kennt nicht die berühmte Frage an der Kasse: „Haben Sie eine Payback-Karte?“. Schwups, Karte gezückt und Bruchteile von Sekunden später ist bereits der Barcode mit der Kundennummer gescannt und die Punkte verbucht. Dazu gibt es immer wieder besondere Coupons die globale oder auf Warengruppen bezogene Zusatzrabatte gewähren. Auch hier wird in der Regel nur der Barcode gescannt. Fertig.

Einfacher und schneller kann man ein solches System nicht gestalten. Dumm nur, dass Payback in den letzten Jahren Stück für Stück von dieser Einfachheit abgewichen ist.

Ein paar Beispiele helfen das zu verdeutlichen:

Die Einführung von Bezahlkarten

Schon seit vielen Jahren bietet Payback verschiedene Bezahlkarten in Deutschland an. Aktuell sind dies eine VISA-Karte und eine Karte der Payback-Mutter American Express. Bis Mitte diesen Jahres gab es auch noch eine maestro-Karte, die gerade bei Vielreisenden sehr beliebt war. Schließlich hatte sie als eine der ersten Karten in Deutschland NFC und der Herausgeber verzichtete auf ein Fremdwährungsentgelt.

Bei Einführung der Karten galt es als besonderes Feature, dass der Bezahl- und der Bepunktungsprozess getrennt wurden. Auf der Rückseite der Karte befindet sich der übliche Barcode mit der Kundennummer. Auf dem Magnetstreifen die Daten der Bezahlkarte. Das soll später noch wichtig werden. Meiner Meinung hat man hier das erste Mal Optimierungspotential am POS verschenkt.

Als die maestro-Karte die Nachfolge der nur bei Teilen der Payback-Partner akzeptierten Payback-Plus-Karte antrat, verpatzte Payback den Kunden verständliche Informationen zum Einsatzgebiet der Karte zu geben. Sie wurde als eine Art „bessere EC-Karte“ angepriesen. Dass zu der Zeit die maestro-Akzeptanz in Deutschland fast ausschließlich dort vorhanden war, wo MasterCard akzeptiert wurde: Kein Wort. Dementsprechend vernichtend waren auch die Urteile in diversen Foren in den ersten Wochen. Erst nach und nach haben die Leute verstanden, dass sie das wohl beste Bezahlprodukt der letzten Jahre in ihrer Brieftasche hielten. Ich muss nicht erwähnen, dass Payback weder NFC noch das fehlende Fremdwährungsentgelt großartig erwähnt hat.

Dennoch waren bis fast zum Schluss rund 500.000 solcher Karten im Umlauf.

Rollout bei neuen Partnern mit suboptimaler Technik

Im Laufe der Jahre kamen weitere Payback-Partner hinzu. Während in Einzelhandelsunternehmen wie real,- oder DM der Barcode-Scanner zur Standardausrüstung gehört, gab und gibt es eine Vielzahl von Partnern (bspw. früher Europcar, heute Burger King) die ein solches Gerät nicht in allen Filialen besitzen.

Burger King setzt z.B. auf Auslesen des Magnetstreifens. Magnetstreifen? War da nicht was? Richtig! Das funktioniert nämlich nur mit den reinen Sammelkarten oder – wenn man Glück hat – mit der App. Doch dazu später mehr.

Wenn also weder Kunde noch Mitarbeiter wissen, dass auf dem Magnetstreifen keine Payback-Informationen enthalten sind, dauert es ungefähr eine Minute und fünf Einleseversuche bis der Mitarbeiter sich an das Abtippen der Kundennummer heranwagt. Aber Obacht. Welche Nummer gilt es denn einzutippen:

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Nur den rechten Teil oder auch die Zahl links? Oder wie sieht es bei der App aus?

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Bei Burgerking wird die Kundennummer samt der Prüfziffern (direkt unterhalb der Barcodes) eingegeben. Diverse andere Händler haben mal nur die Kundennummer oder sogar die komplette Nummer mit dem Präfix 308342 haben wollen.

Bei Nutzung der App zum Scannen der Kundennummer ist es leider auch nicht mehr so einfach. DM, real und Aral verfügen über Scanner, die in der Lage sind, vom Handydisplay einzulesen. Bei REWE gibt es nur in einigen Regionen fest zum Kunden hin montierte Scanner. Diese lesen den Code einwandfrei. Der Scanner am Kassenlaufband ist dazu nicht in der Lage. Sicherheitshalber wird REWE daher auch nicht als Partner aufgeführt, bei dem man mit der App mobil punkten kann.

Punkten bei Webshops

Cashback bei Webshops ist ein großes Thema. Payback bietet eine Vielzahl von Partnern an, bei denen der User für Online-Einkäufe Punkte verdienen kann.

Leider gibt es auch hier wieder keine einheitliche technische Lösung. Bei den meisten Online-Shops war und ist es Pflicht, diesen über die Payback-Seite aufzurufen. Danach sollte der Kunde möglichst ohne Umwege über den Warenkorb zur Kasse schreiten. Ein unbedachter Klick und – gerade zu den Anfangszeiten – das Punktekonto bleibt leer.

Als Service bietet Payback ein Browser-Plugin namens „PIA“ an, was den Benutzer bei direktem Aufruf eines Partnershops daran erinnert, doch bitte über die Payback-Seite zu gehen. Dieses Plugin gibt es übrigens leider nicht für den Apple Browser Safari.

Wer über sein Smartphone einkauft und dabei auch Apps von Händler benutzt geht sowieso häufig leer aus. Nur wenige Partner bieten die Möglichkeit, die Payback-Kundennummer direkt einzugeben.

Meiner Meinung nach ist das eine Lösung für Sammelfreaks. Da gehört schon viel Disziplin dazu, stets den korrekten Workflow einzuhalten.

Die Einführung von Payback Pay als Overkill

Im Juni startete Payback seinen neuen Smartphone-Bezahldienst Payback Pay. Wie so häufig war auch hier DM wieder der erste Partner, der das System eingeführt hat. DM hat als Vorbereitung kräftig investiert und alle seine Kassen mit einem Selbstscan-Terminal für Kunden ausgerüstet. Am Rande sei noch erwähnt, dass die ebenfalls neu angeschafften Kartenterminals mit deaktivierter NFC-Funktion ausgeliefert wurden.

Grundsätzlich stehe ich Barcode-basierten Bezahlsystemen eher kritisch gegenüber, da es einfach zu viele Störfaktoren (Licht, Bildschirmgröße, Benutzerfehler) gibt, die eine schnelle Abwicklung verhindern können.

Vor der ersten Bezahlung bei DM wird der Benutzer wieder vor eine Wahl gestellt:

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Meine ersten Tests, sowohl was das reine Scannen der Kundennummer als auch Payback Pay anging, waren jedoch begeisternd. Sollten alle Payback-Partner das System in dieser Form ausrollen, würde ich dem System eine erfolgreiche Zukunft vorhersagen. Bei einer 100% Abdeckung am POS könnte dann auch die Auswahl entfallen.

Leider kam aber alles anders.

Der nächste Partner sollte real,- heißen. Ich hegte die Hoffnung, dass real,- rechtzeitig zum Start von Payback Pay seine Uralt-Terminals ausmustern würde und ebenfalls auf leistungsfähige Selbstscanner setzt.

Bei real,- ist man wieder den Weg der Sparbrötchen gegangen. Die Pay-Funktion wird aktuell über Handscanner gewährleistet. Je nach Lichteinfall benötigt der Kassenmitarbeiter fünf bis sechs Scananläufe. Da ist Gemecker in der Schlange hinter einem garantiert.

Ein Kunde, der Payback Pay zuerst bei real,- ausprobiert, wird das System garantiert nie nie wieder einsetzen. Wieso man hier so einen Schnellschuss hingelegt hat, ist mir völlig unverständlich!

Mit iPhone kommst Du net rein!

Ende September starteten weitere Partner mit Payback Pay. Darunter auch ARAL. Gleich die erste Überraschung: ARAL setzt ausschließlich auf NFC. Wie sich Payback Pay mit NFC anfühlt: Rudolf Linsenbarth hat einen  ersten Test gewagt.

Wer sich ein wenig mit NFC-Payment beschäftigt hat, der weiß um die Probleme. Die Hersteller der Terminals konnten sich bislang nicht darauf einigen, wo der NFC-Leser angebracht werden soll. ICP hat ihn an der rechten Seite (ARAL, Thalia, Douglas), REA an der linken Seite (ALDI Süd) und der Rest oben im Rahmen des Displays.

Der größte Fauxpas ist aber, dass durch die Verwendung von NFC eine ganze Reihe von Kunden ausgeschlossen werden. So z.B. auch die Benutzer von Apple iPhones. Gerade diese Nutzergruppe gehört weltweit zu denjenigen, die neue Bezahlsysteme am schnellsten adoptieren. Meiner Meinung nach eine völlige Fehlplanung.

Von Steve Jobs lernen

Dem Apple-Gründer wird folgendes Zitat zugesprochen: „Wenn Du etwas nicht einfach hinbekommst, lass es!“

Ich denke, dass die Macher hinter Payback dringend ihre Strategie überdenken sollten und versuchen sollten, gemeinsam mit ihren Handelspartnern, den Weg zurück zur Einfachheit zu finden. Dazu gehört m.E. auch, dass die technischen Einrichtungen zur Erfassung der Kundendaten und zur Bezahlung weitestgehend einheitlich gestaltet werden sollten.

Marc-Oliver Schaake

Lotus / IBM / HCL Notes Professional Mag Reisen mit dem Zug, insbesondere mit Nachtzügen Kartenzahler seit 1987

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