28. März 2024

Payback Pay: Wie ruiniert man ein gutes Produkt

Als im Juni 2016 die Erweiterung zur äußerst beliebten Payback App erschien, war ich zunächst skeptisch. Wieder eine vom Handel initiierte Insellösung. Wieder mal etwas, was nur in Deutschland und nur bei bestimmten Partnern benutzbar ist.

Als unbestrittener Marktführer im Bereich Loyalty hatte Payback natürlich einige nicht zu unterschätzende Startvorteile: Nach der girocard ist die Payback-Karte mit Abstand Nummer Zwei in deutschen Portemonnaies. Die dazu gehörige App wurde alleine im Google Play Store über 5 Mio mal heruntergeladen. Das Rabattsystem genießt – trotz der Datenschutzparanoia der Deutschen – ziemlich hohes Ansehen, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass man sehr behutsam mit den Informationen der Kunden umgeht und diese nicht, kurze Zeit nach Anmeldung, im Post- und E-Mail-Spam ertrinken. So weit so gut.

Wettbewerbswidrige IBAN-Diskriminierung

Klar war, dass ich die testen musste. Die Anmeldung erfolgte problemlos innerhalb der App. Einzig negativ fiel auf, dass man für den Einzug der Rechnungsbeträge via SEPA-Lastschrift nur IBAN-Nummern mit DE eingeben konnte. Diese Form der IBAN-Diskrimierung verstößt gegen Art. 9 der SEPA-Verordnung und kann einfach über ein Formular bei der Wettbewerbszentrale gemeldet werden. Da ich mein Hauptkonto bei einer deutschen Sparkasse führe, war das erst einmal kein Hindernis.

DM – Der erste Eindruck: Wow!

Mein erster Test führte mich zu DM, da die Drogeriemarktkette auch das erste Unternehmen war, dass die Akzeptanz von Payback Pay realisiert hat. Die Autorisierung erfolgt dort via QR-Code, den der Kunde bequem während des Kassiervorgangs an einem kombiniert Scan- und Bildschirmterminal selbst einlesen kann. Zum Schluss bittet man einfach um Zahlung mit Payback Pay. Das war´s. Ein absoluter No-Brainer. So sollte eine mPayment-Lösung funktionieren. Punkt.

real,- patzt

Auf DM folgte die Verbrauchermarktkette real,-. Hier entschied man sich, die QR-Codes  mit einem Handscanner einzulesen. Meine ersten Erfahrungen damit habe ich bereits im September 2016 in einem Artikel geschildert. Haderte ich zu Beginn lediglich mit den Handscannern und der Anzahl der benötigten Versuche zum Einscannen der QR-Codes, so hat sich inzwischen wohl irgendwas am Prozess geändert. In den letzten Monaten kam es immer wieder vor, dass zwar die Bezahlung mit Payback Pay funktionierte, aber keinerlei Punkte auf den Einkauf vergeben wurden. Da ein Nachkreditieren am Payback-Automaten im Markt lediglich die Basispunkte bucht, aber keinerlei Coupons und Sonderpunkte berücksichtigt, hieß das jedes Mal: Kassenbon einscannen und via Service-Center regulieren lassen.

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Da es hier jeweils nur um Beträge zwischen ein paar Cent und max. 2-3€ gingen, ist der Aufwand natürlich albern. Man sollte von einem Loyalty Programm erwarten, dass diese Prozesse ohne Eingriff von Mitarbeitern und Kunden sauber abgewickelt werden. Alles Andere steht in keinem Verhältnis zum Gegenwert der Punkte.

Da helfen dann auch keine Tipps wie dieser hier:

„Bitte beachte, dass Du dem Personal am besten gleich zu Begin mitteilst, dass Du mit PAYBACK PAY zahlen möchtest, damit die Kollegen vor dem Abschluss des scannen der Ware an der Kasse den Eintrag für PAYBACK PAY vornehmen können. Dann erhältst Du auch Deine PAYBACK Punkte.“

Kaufhof: Im grünen Bereich

Weitere Partner, die ich testen konnte waren ARAL und Kaufhof. Bei Kaufhof waren die Mitarbeiter in der Flagship-Filialle Köln Schildergasse teilweise überhaupt nicht geschult, während in einem Laden in Berlin-Lichtenberg an mehreren Kassen nur positive Resonanz zu verzeichnen war. Im Herbst 2016 musste der Betrag am Kartenterminal vom Kunden mit OK bestätigt werden. Das hat man inzwischen wohl wegkonfiguriert.

Nach Scan des Pay Codes erscheint ein Button auf dem Bildschirm der Kassenkraft und bietet die Zahlung mit Payback Pay an. Das ist in Ordnung.

ARAL: Nur NFC und das ausgerechnet mit ICP-Terminals

Die Tankstellenkette ARAL hat sich dazu entschieden, Payback Pay ausschließlich via NFC-Schnittstelle abzuwickeln und das, obwohl die Kassen recht gut funktionierende Scanner haben, die problemlos Barcodes vom Handydisplay ablesen können.

Abgesehen davon, dass man damit alle iPhone-User per se ausschließt, hat man sich aufgrund der eingesetzten ICP Kartenterminals nun wirklich keinen Gefallen getan. Diese Geräte zeichnen sich dadurch aus, dass sie schon mit von MasterCard zertifizierten  Payment-Apps immer mal wieder Ärger machen. Sei es SEQR oder Apple Pay wegen fehlerhafter CDCVM-Einrichtung.

Bei mir scheiterten sowohl die Bezahlung mit SEQR als auch mit Payback Pay bei ARAL. Danach griff ich dann zur altbewährten girocard, die zur Strafe dann auch noch per ELV belastet wurde.

Auf Twitter erhielt ich alle möglichen Ratschläge, wie ich mich zu verhalten habe. Ein Tweep meinte, ich müsse, nachdem das Terminal „Bitte Karte entfernen“ schreibt, noch 2-3 Sekunden mein Smartphone neben dem NFC-Leser belassen. Aha?!

Da ich das nicht auf mir sitzen lassen wollte, habe ich es heute noch einmal probiert. Die Mitarbeiterin bei ARAL wußte, dass man lediglich „Kartenzahlung“ an der Kasse aktivieren musste. Also los. Handy ans Terminal halten und dieses Mal erschien die Fehlermeldung „Bitte nur eine Karte vorhalten“ gefolgt von „Bitte Karte stecken“.

Urteil: Totaler Fail!

REWE – Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht

Nach den letzten Erfahrungen reduzierte sich der Einsatz von Payback Pay bei mir ausschließlich auf DM-Märkte. Zuletzt startete REWE mit Payback Pay und meine Lust, das auszuprobieren ist bereits irgendwo zwischen -100 und -99999 angelangt.

Bei REWE sollen sowohl NFC als auch die QR-Codes zum Einsatz kommen. Die u.a. von @klotzbrocken und @holimuk berichteten Schwierigkeiten verhießen nichts Gutes. Ungeschultes Personal trifft auf abstrusen Workflow.

In „meinem“ Markt in Köln Buchheim war die Mitarbeiterin jedoch geschult und wir haben die Zahlung mit dem QR-Code ausprobiert. Im Gegensatz zum normalen Barcode mit der Kundennummer, den der Kunde während des Kassiervorgangs selbst einlesen kann, muss der QR-Code von Payback Pay zum Schluss eingelesen werden. Das hält schon mal wieder unnötig auf.

Das Kassensystem rödelte eine Weile mit „Übertrage Daten“ um dann abzubrechen. Immerhin scheint die Gutschrift der Punkte für den Einkauf geklappt zu haben.

Einen zweiten Versuch – oder gar einen Versuch per NFC – wollte ich den nach mir folgenden Kunden nicht zumuten und habe kontaktlos mit der girocard bezahlt.

Urteil: Gerade in hochfrequentierten Lagen untauglich

Das Fazit

Dass das System Potenzial hat, steht außer Frage. Bei einer optimalen Implementierung wie bei DM ist es definitiv auch schneller, als die getrennte Abwicklung mit einer Payback-Karte und Zahlung mit einer zweiten Karte. Auch im Vergleich zu einer kontaktlosen Zahlung.

Da aber fast alle anderen beteiligten Partner irgendwie versucht haben, das System in ihr Kassensystem und die Abläufe „hineinzuprutschen“ hält die Bezahlung mit Payback Pay einfach viel zu sehr auf, so sie denn überhaupt funktioniert.

Speziell den Sinn der NFC-Implementierung verstehe ich überhaupt nicht, da man nicht nur Apple-User ausschließt, sondern sich noch alle möglichen Kompatibilitätsprobleme mit den NFC-Stacks der diversen Smartphone einfängt. Und das, wie im Fall von ARAL, mit nicht mehr ganz taufrischen und sowieso zickigen Bezahlterminals. Völliger Knieschuss.

Trotz der nun seit Beginn an laufenden Sonderpunkte-Aktionen für Payback Pay werde ich mich verabschieden und zur Zahlung mit kontaktlosen Karten resp. Android und Apple Pay zurückkehren.

Da muss ich mich nicht mit den Eigenheiten eines Systems und denen des jeweiligen Händlers auseinandersetzen. Ein normaler Kunde hätte hier eh schon lange die Reißleine gezogen.

Schlecht implementierte Bezahlsysteme braucht niemand.

 

Marc-Oliver Schaake

Lotus / IBM / HCL Notes Professional Mag Reisen mit dem Zug, insbesondere mit Nachtzügen Kartenzahler seit 1987

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