29. März 2024

Das myWallet Vakuum, sponsored by Deutsche Telekom

Manchmal frage ich mich schon, wie in großen Unternehmen Entscheidungen getroffen werden und ob sich jemals jemand in den Vorständen dafür interessiert, was der gemeine Kunde davon hält.

Im konkreten Fall geht es um das plötzliche Ende des mobilen Bezahldienstes der Deutschen Telekom. Für die Nichteingeweihten: Die Telekom bietet mit der App „myWallet“ die Möglichkeit digitale Bezahlkarten auf die SIM zu laden, mit der dann im Laden per NFC bezahlt werden kann.

In anderen Märkten setzt T-Mobile auf die Zusammenarbeit mit Retailbanken und macht somit bspw. in Polen reguläre MasterCards der mBank oder Aliorbank mobil. Die österreichischen Kunden können sich ihre Bankomatkarte (maestro) selbst von den Sparkassen aufs Handy laden.

Bei uns in Deutschland ist aber alles anders. Die Banken zeigen hier leider wenig Interesse an der Kooperation mit den Mobilfunkanbietern und versenken lieber Millionen in unsinnige eigene Projekte wie bspw. dem Kontaktlosverfahren „girogo“ (Sparkassen) oder einem PayPal-Clone der zehn Jahre zu spät an den Start geht.

Also hat die Telekom an diese Stelle den Konzern eigenen Online-Bezahldienst Click&Buy gesetzt. Dieser wiederum wickelt die Bezahlkarten über die Münchner Wirecard-Bank ab. Wirecard arbeitet auch für die anderen Mobilfunkunternehmen in Deutschland und erbringt auch die Bankdienstleistungen bspw. für das Startup Number26.

Im November wurde nunmehr von der Telekom entschieden Click&Buy einzustellen. Davon sind dann auch die Bezahlkarten von myWallet betroffen. Als Einstellungsdatum wurde der 30.06.2016 genannt.

Kurze Zeit später war die Neubeantragung von myWallet-Karten bereits nicht mehr möglich. Kunden wurden auf „intensive Gespräche u.a. mit der Targobank“ hingewiesen. Inzwischen wurden die AGB´s auf die Einstellung des Dienstes angepasst und effektiv ist für den normalen Nutzer ab dem 31.05.2016 keine sinnvolle Nutzung mehr möglich. Der Telekom kann es also nicht schnell genug gehen.

Neben der angekündigten, aber bis heute nicht bestätigten, Zusammenarbeit mit der Targobank wurde auf der CeBit das Projekt „girocard kontaktlos“ per SIM vorgestellt. Hierbei handelte es sich um einen eindrucksvollen PoC (Proof of concept). Ein Fahrplan für den Rollout gibt es bis heute nicht öffentlich.

Für mich völlig unverständlich hierbei ist der Umstand, dass die Telekom sich höchst unglücklich Hals über Kopf aus diesem Markt verabschiedet, während zeitgleich der NFC-Rollout bei allen relevanten Handelsketten stattfand. Seit Januar 2016 macht NFC erstmals in Deutschland Sinn. Während ich zu Beginn als Kunde noch regelmäßig Schulungen für das Kassenpersonal halten durfte, passiert das in den letzten Tagen kaum noch. Die Technologie scheint so langsam bekannt zu werden.

Ich hätte von der Telekom erwartet, dass ein entsprechendes Nachfolgeprodukt ohne Übergangsfrist zur Verfügung steht.

Im Übrigen sollte die Telekom dringend darüber nachdenken, das Onboarding zu vereinfachen. Entweder wie Vodafone Spanien, wo man jede (auch deutsche) Karte hinterlegen kann oder aber ihre internationale Aufstellung dafür nutzen, dass man bspw. eine Bezahlkarte eines polnischen Kooperationspartners auch auf eine deutsche SIM-Karte laden kann.

Aus Kundensicht ist dieses Vakuum mehr als ärgerlich. Auch wenn bis zum 31.05. sicherlich noch ein paar Tage Zeit sind, schaue ich mich gerade aktiv nach Alternativen um. Mittlerweile würde ich sogar nicht einmal mehr vor einem Wechsel des Mobilfunknetzbetreiber Halt machen, obwohl ich seit 1994 im Netz der Deutschen Telekom mobil telefoniere.

Marc-Oliver Schaake

Lotus / IBM / HCL Notes Professional Mag Reisen mit dem Zug, insbesondere mit Nachtzügen Kartenzahler seit 1987

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