Meine letzte Bahnreise unternahm ich Ende Februar von Köln nach Bühl und zurück. Seitdem war Pandemie-bedingt erst einmal Entzug angesagt. Die ersten Corona-Wochen habe ich das Haus so gut wie nicht verlassen. Wenn es denn unbedingt notwendig war, kam das Auto zum Einsatz. Auf Busse und Bahnen hatte ich jedenfalls keine gesteigerte Lust.
Corona hin, Corona her. Das Leben muss ja irgendwann weitergehen. Daher habe ich mich dazu durchgerungen Ende Juni erst einmal zwei Tage nach Bühl zu fahren und einen Tag später mit einem Zwischenstopp in Magdeburg weiter nach Gdynia. Das Open’er Festival ist natürlich abgesagt worden, aber das Hotel war lange im Voraus bezahlt worden und ein paar Tage an der Ostsee sind eine willkommene Abwechslung. Praktisch, dass ein Kollege aus Krakau ebenfalls vor Ort ist und wir ein Projekt abschließen konnten, dass zuvor ausschließlich remote abgewickelt wurde.
Köln – Karlsruhe / Baden-Baden – Köln mit dem ICE
Sowohl für die Strecke Köln-Karlsruhe als auch Baden-Baden Köln habe ich späte Verbindungen gewählt (18:55 und 18:40), die wochentags eh überschaubar ausgelastet sind. In beiden Fällen hatte ich ein Abteil in der 1. Klasse für mich alleine. Dank funktionierender Klimaanlage auch kein Aerosol-Problem (hoffentlich).
Da in Deutschland die Bordgastronomie wieder arbeitet, gab es in beiden Fällen auch etwas Warmes zu Essen. Dieses muss man sich allerdings selbst im Bistro abholen. Getränke werden in der ersten Klasse jedoch weiterhin an den Platz gebracht.
Anstelle von Geschirr erhält man allerdings Einwegkartons und -besteck. Nicht sehr stilvoll. Das wurde allerdings dadurch kompensiert, dass es aktuell ein paar leckere Gerichte auf der saisonalen Karte gibt.
Beide Fahrten verliefen sehr angenehm, wenn es auch auf der Rückfahrt 100 Minuten Verspätung wegen Umleitung über die alte Rheinstrecke etwas Gratiszeit zum gleichen Preis gab.
Getrübt wurde das nur dadurch, dass bei beiden Reisen mal wieder der Seifenspender(!) im WC nicht funktionierte. Ein altes Leid in der BR403, was aber zu Pademiezeiten eher unlustig ist.
Nahverkehr
Die Fahrten in gut ausgelasteten und unklimatisierten Bussen der KVB waren eher grenzwertig. In der KVB-Stadtbahn ging es aufgrund des größeren Platzangebots eigentlich. Das mit der Maskenpflicht haben allerdings viele Fahrgäste so semi verstanden. Gleiches galt auch für die KVV S-Bahn.
Auf den 153er Bus werde ich wohl noch etwas länger freiwillig verzichten und lieber 20 Minuten zur Stadtbahn laufen. In Bezug auf die Fahrzeugausstattung sollte der Aufgabenträger handeln und der KVB Vorgaben machen. Die Argumentation des Unternehmens bzgl. Fahrzeugklimatisierung reduziert sich auf die höheren Energiekosten und die Fahrgäste kommen darin nicht vor.
Intercity nach Magdeburg
Am Freitag sollte es dann nach wenigen Stunden Schlaf und Kofferwechsel direkt weiter nach Magdeburg gehen. Da die auf der Strecke im Zweistundentakt verkehrenden Doppelstockgarnituren (IC2) über kein Bordbistro verfügen, habe ich mir einen Platz in einem 1. Klasse Abteil eines InterCitys nach Binz auf Rügen reserviert, der aktuell über Magdeburg umgeleitet wird.
Die Garnitur, die überpünktlich am Kölner Hauptbahnhof bereitgestellt wurde, hätte so eigentlich nicht auf die insgesamt 10,5 Stunden dauernde Reise geschickt werden dürfen. Der besagte Abteilwagen der 1. Klasse hatte eine defekte Klimaanlage, war aber nicht abgesperrt.
Es hat einige Stationen gedauert, bis die wenigen Gäste in den Sitzbereich des Bistro-Wagens verfrachtet wurden. Durchsagen über die defekte Klimaanlage gab es keine.
Im Gang des Bistro-Wagen regnete es zu allem Überfluss von der Decke. Bei jeder Bremsung des Zuges ergoss sich eine kleine Fontäne über den Boden.
Zeitweise saßen wir zu Dritt in dem 4er-Abteil. Immerhin hustete niemand.
Magdeburg – Berlin im RE1
Die Fahrt mit dem Regionalexpress nach Berlin verlief unspektakulär, lediglich die Klimaanlage hätte etwas kühler eingestellt werden können.
Die Wartezeit auf den EuroCity nach Gdynia, der seit dem 26.06. endlich wieder fährt, konnte ich in der DB Lounge im Berliner Hbf überbrücken. Dort hat man das Platzangebot auf gefühlt die Hälfte reduziert. Getränke gibt es weiterhin und inzwischen auch wieder Gläser und Tassen aus Porzellan.
Die geringere Auslastung machte den Aufenthalt um einiges angenehmer, als ich das noch in Erinnerung hatte.
EuroCity Berlin – Gdynia
Die Fahrzeuge werden von der PKP InterCity gestellt und sind in der Regel in einem guten Zustand. Im Abteil gab es Steckdosen, WLAN und ab der polnischen Grenze auch stabilen Mobilfunkempfang.
Was es allerdings nicht gab: Bordgastronomie. Und das, obwohl die WARS-Speisewagen mit zu dem Besten zählen, was auf europäischen Gleisen verkehrt. Die Corona-Maßnahmen der polnischen Regierung verbieten deren Betrieb aktuell noch. Nicht einmal ein Caddy, mit dem Kaffee und Kaltgetränke normalerweise serviert werden, war zu sehen. Mehr Glück hatte ich übrigens auf der Rückfahrt: Am 06.07.20 sollte zum ersten Mal wieder der Speisewagen eingereiht werden.
Zeitweise saßen wir zu Viert im 6er-Abteil. Das war sehr gut klimatisiert und insgesamt verlief die sechseinhalb Stunden dauernde Reise sehr angenehm.
Fazit
Ja, Reisen mit der Bahn geht aktuell wieder. Jedoch sollte man möglichst Verbindungen abseits der Hauptreisezeit wählen. Die Auslastungsanzeige im Buchungssystem der DB hilft da bei der Auswahl, stellt aber keine Garantie dar.
Anderen Menschen komplett aus dem Weg gehen, funktioniert leider im Zug nicht. Auch sollte man berücksichtigen, dass das Tragen einer Gesichtsmaske über mehrere Stunden auch nicht gerade angenehm ist.
Von daher würde ich (beruflich) notwendige Reisen, aber auch eine Urlaubsreise mit der Bahn jederzeit wieder machen. Reine Spaßfahrten (Städtetrip übers Wochenende, Rundreise mit Länderticket etc.) dürfen m.E. aber gerne noch etwas warten, zumal der Hotelbetrieb aktuell auch noch nicht überall wieder Urlaubsgefühle aufkommen lässt.
Ein Gedanke zu “Bahnreisen in Zeiten von Corona”
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