6. Dezember 2024

boon & Apple Pay im Alltagstest

Auch wenn Apple Pay noch nicht offiziell in Deutschland gestartet ist, so gibt es dennoch mit boon von Wirecard eine auch für den Laien leicht über den französischen AppStore zu beziehende Prepaid-Alternative zur eigenen Kreditkarte in der Wallet.

Boon ist im Frühjahr 2016 zunächst in UK gestartet. Aufgrund der doppelten Währungsumrechnung habe ich das Produkt zunächst nur zu gelegentlichen Tests eingesetzt, um festzustellen, in wie weit die Terminals der Händler in Deutschland schon kompatibel waren. Denn schon damals wurde den Nutzern von Apple Pay versprochen, dass sie an jedem NFC-fähigen Terminal weltweit willkommen wären. Das war zu der Zeit allerdings noch Wunschdenken.

Jetzt, mit dem Marktstart in Frankreich, macht boon natürlich auch für einen deutschen Konsumenten Sinn. Die Registrierung bei wirecard erfordert keine Fake-Adresse und man kann bequem via SEPA-Überweisung sein Konto schnell und kostenlos auffüllen. Die manuelle Aufladung ist weiterhin mit VISA-Karten einiger Issuer kostenlos.

Nach nunmehr rund drei Monaten mit boon, ist es an der Zeit, ein Fazit zu ziehen. Wie alltagstauglich ist Apple Pay in Deutschland im Jahre 2017 wirklich?

Supermärkte und Discounter

Egal, ob Lidl, ALDI oder REWE: Mit boon ist man überall flüssig und der Zahlungsprozess läuft angenehm schnell vonstatten. Mindestumsätze gibt es hier nicht. Über EDEKA kann ich leider nichts Positives sagen. Die Märkte, die ich kenne, arbeiten noch mit alten Artema Hybrid-Terminals und nehmen teilweise sogar 10€ Mindestumsatz. Logisch, dass ich da lieber zum Wettbewerber gehe.

Essen und Trinken

Starbucks akzeptiert schon seit Langem kontaktlose Zahlungen. Das funktioniert mit Apple Pay ebenfalls. Bei McDonalds, KFC und Burger King kann man sagen: Überall, wo MasterCard kontaktlos akzeptiert wird, funktioniert auch boon. Es gibt nur noch wenige Franchisenehmer, die sich auf die girocard oder gar Barzahlung beschränken.

Vapiano, als einer der ersten deutschen Ketten mit PayPass-Akzeptanz, verarbeitet auch Zahlungen mit Apple Pay zuverlässig. Der Wettbewerber L´Osteria hat hingegen NFC an allen Terminals deaktiviert.

Auf Reisen

Positiv getestet wurden die Tankstellen Esso und Aral, wobei ich bei Aral aber auch gelegentlich auf Terminals gestossen bin, die Fehlermeldungen produzierten. Hier ist es immer sinnvoll, eine normale Karte dabei zu haben.

Sowohl an Autobahnraststätten als auch an großen Bahnhöfen ist es inzwischen möglich, die Toiletten mit NFC zu bezahlen. Bei Sanifair funktioniert Apple Pay problemlos. Die Rail & Fresh-Toiletten von Hering sorgen noch manchmal für Probleme. Auch hier ist eine zweite Kreditkarte (oder eine 1€-Münze) sehr zu empfehlen.

Bahn- und ÖPNV-Tickets lassen sich heute noch nicht mit Apple Pay erwerben. Die meisten kommunalen Betriebe beschränken ihre NFC-Akzeptanz auf girogo. Die Deutsche Bahn hat NFC in ihren Reisezentren deaktiviert und deren Automaten haben heute noch keine entsprechenden Lesegeräte.

Abseits des Mainstreams

Dass die großen Kettenbetriebe bereits für Apple Pay ausgerüstet sind, verwundert nicht weiter. Damit ein Zahlungssystem im Alltag funktioniert, ist es jedoch wichtig, wie es um die Akzeptanz in kleineren Geschäften und Restaurants bestellt ist.

Meine Challenge bestand daher auch darin, genau an solchen Orten zu testen, wo man es nicht unbedingt erwartet.

Egal, ob in der Apotheke in Duisburg-Ruhrort, einem Griechen in Ottersweier, der Linde in Sasbach oder an der Hotelbar im ibis: Das System funktioniert einfach. Inzwischen haben auch viele kleinere Betriebe im Rahmen der üblichen Zyklen neue Terminals erhalten, die Mastercard und VISA kontaktlos verarbeiten.

Klar, dass es fast überall noch ungläubig staunende Gesichter gab, aber das sind wir Payment Nerds ja schon von unseren kontaktlosen Karten gewöhnt.

Immerhin konnte ich in den letzten drei Monaten etwas über 1.500€ geschäftlichen und privaten Umsatz über boon abwickeln.

Alles super, oder?

Ja, aber mit einer Einschränkung: Betrachtet wurden natürlich nur Akzeptanzstellen, die heute schon MasterCard kontaktlos verarbeiten. Interessant hierbei: Restaurants in der Badischen Provinz gehören häufiger dazu als solche in der Kölner Innenstadt, wo es häufig heißt „Nur Bargeld“ oder „EC-Karte ab 20€“.

Insgesamt inzwischen eine gute Ausgangsbasis für den Marktstart von Apple Pay in Deutschland, aber für den großen Durchbruch fehlen natürlich noch die ganzen Läden, die heute ausschließlich auf Bargeld setzen.

Wenn man aufmerksam lauscht, so scheint auch hier langsam ein Umdenken einzusetzen und die Anzahl der Terminals steigt insgesamt. Ob hier aber konsequent auf die Implementierung aller Kartenverfahren gesetzt wird, oder aber bei girocard kontaktlos Schluss sein wird, bleibt abzuwarten.

Hier liegt der schwarze Peter aber ganz eindeutig bei den Acquirern, ihre unsägliche und in Zeiten von N26 & Co. überholte Kommunikationsstrategie in Richtung ihrer Kunden zu ändern. Die Kreditkarte, die häufig gar keine ist, ist schon lange nicht mehr nur Zahlungsmittel der kaufkräftigen, zumeist ausländischen Touristen, die sich eher seltener in eine Gelsenkirchener Straßenbahn verirren.

Für viele Bankkunden sind MasterCard oder VISA inzwischen die präferierten Zahlungsmittel, Die girocard dient häufig nur noch als Backup, so sie sie nicht ganz verschmähen.

Marc-Oliver Schaake

Lotus / IBM / HCL Notes Professional Mag Reisen mit dem Zug, insbesondere mit Nachtzügen Kartenzahler seit 1987

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