Als Arbeitgeber beschäftigt man sich zwangsweise mit dem Thema Mobilität. Sieht man mal von einzelnen Jobtickets oder der Frage, ob Bahntickets in der ersten oder zweiten Klasse gebucht werden und wie man es mit der Fliegerei hält, so nimmt in kleineren und mittleren Unternehmen den wohl größten Raum die Frage nach Dienstfahrzeugen ein. Alleine über dieses Thema könnte man ganze Bücher schreiben. Will ich aber gerade nicht.
Der Lock-in Effekt des Dienstwagens
Gehen wir einmal davon aus, dass ein Dienstwagen wirklich benötigt wird, da Mitarbeitende häufig mehrere Termine am Tag wahrnehmen müssen und die besuchten Unternehmen meist abseits guter ÖPNV/SPNV-Verbindungen liegen. Selbst, wenn weder Werkzeug noch Ware benötigt werden, stellt sich häufig nicht die Frage nach alternativen Verkehrsmitteln. Ich möchte das hier im Einzelnen auch gar nicht weiter bewerten. Da hängen insgesamt zu viele Faktoren dran.
Das Firmenfahrzeug wird Mitarbeitenden sehr häufig zur privaten Nutzung überlassen. Diesen Geldwerten Vorteil versteuern Mitarbeitende i.d.R. mit 1% des Bruttolistenpreises. Alternative Antriebsformen werden mit niedrigeren Sätzen gefördert (0,5% für Hybrid, 0,25% für Vollstromer). Damit erhöht sich abermals der Anreiz einen Firmenwagen privat zu nutzen.
Mit der Versteuerung des Geldwerten Vorteils war es das i.d.R. für den Arbeitnehmer. Sämtliche Kosten für die Wartung und den Betrieb trägt der Arbeitgeber und sorgt mit einer Tankkarte häufig für die bequemste Form der Diesel-Flatrate.
In sofern dies nicht explizit durch den Überlassungsvertrag ausgeschlossen ist, könnte ein Dienstwagenberechtigter also auf Kosten des Arbeitgebers jedes Wochenende sein Ferienhaus in Norditalien aufsuchen. Mit entsprechend großem Tankvolumen und geringem Verbrauch wäre ein Nachtanken im Ausland nicht einmal nötig. Reicht man einen Tankbeleg aus dem Ausland ein, so wird der Arbeitgeber nämlich i.d.R. hellhörig.
Bewußte Wahl des Verkehrsmittels wird erschwert
Ist aber die Nutzung des Firmenfahrzeugs völlig kostenlos, so wird dies zwangsläufig zum Wettbewerbsnachteil für alle sonstigen Verkehrsmittel. Wer mag schon mit vier Personen Tickets für den öffentlichen Nahverkehr lösen, wenn der Arbeitgeber häufig auch noch die Kosten für’s Parkhaus oder die Parkuhr in der Innenstadt (unbewusst) übernimmt?
Gleiches gilt natürlich auch für den Besuch bei Oma am anderen Ende des Landes. Gegen Null kann der beste Sparpreis der Bahn nicht anstinken. Oder wie wäre es mit einem Urlaub in Nordschweden oder Süditalien? Wer da privat die Kombination aus Bahn/Flug und drei Wochen Leihfahrzeug wählt, ist ein Exot.
Aber nicht nur die Sparneigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördert die Nutzung des Dienstwagens auf diese Weise. Selbst in vielen Unternehmen gilt: Hast Du einen Dienstwagen, zahlen wir andere Verkehrsmittel nur im Ausnahmefall.
Ein Beispiel eines Bekannten. Dieser arbeitete bei einem Unternehmen in Aachen und wohnte zu der Zeit in Berlin. Er musste also jedes Wochenende die Strecke Aachen-Berlin und zurück mit seinem Auto antreten. Mit BahnCard 50 wäre das Ticket in der 2. Klasse günstiger als die Spritkosten gewesen. In der 1. Klasse immerhin noch günstiger als die Nutzung des PKW in Vollkostenrechnung. Der Arbeitgeber hat einen riesigen Terz gemacht, als er einmal Bahnfahrkarten für die Wochenendheimfahrt eingereicht hat. Endergebnis: Er ist fortan stets mit dem Auto die Strecke gefahren.
Mobilitätsbudget als Alternative
Möchte man als Arbeitgeber in Sachen Mobilität auf mehr Nachhaltigkeit setzen, ohne lieb gewonnene Privilegien zu streichen, so wird man nicht umhin kommen und alternative Lösungen für die private Mobilität seiner Belegschaft suchen müssen. Was beim Dienstwagen sehr einfach ist, da lediglich die Tankrechnung etwas höher ausfällt und vielleicht der Satz Reifen etwas früher hinüber ist, ist bei den Alternativen ungleich komplexer.
Reicht ein Mitarbeiter also am Ende des Monats einen Stapel Bustickets, eine Rechnung eines Bikesharing-Dienstes und einen Stapel Taxi-Quittungen ein, so verursacht jeder einzelne dieser Belege wiederum Kosten für das Unternehmen. Die DB Connect setzt hier einen Betrag von 20€ pro Beleg an. Das finde ich persönlich jetzt erst einmal übertrieben, da sicherlich nicht jede 1,30€ einen Genehmigungsworkflow durchlaufen müssen. Und wenn doch, wäre es Zeit den Arbeitgeber zu wechseln.
Im Rahmen der DB-Veranstaltung „Mobilität erleben“, die dieses Jahr rein online stattfand, bin ich auf das Produkt „Bonvoyo“ aufmerksam geworden und hatte bereits auch einen Termin mit zwei Mitarbeitern von DB Connect via MS-Teams.
Was macht „Bonvoyo“?
Kurz gesagt, fasst Bonvoyo alle möglichen Mobilitätsangebote zusammen. Dabei kann es sich natürlich um den Fernverkehr der Bahn, Nahverkehrsangebote, Leihfahrräder oder Flinkster-Carsharing handeln. Aber auch Dienste externer Anbieter wie Taxi, Leihwagen und Co. können eingebunden werden.
Viele dieser Angebote können direkt aus der Bonvoyo-App gebucht werden. Macht der Mitarbeiter von anderen Diensten Gebrauch, so kann er einfach die Quittung abfotografieren oder als PDF hochladen.
Bonvoyo übernimmt dabei mit einem Partner die Verwaltung des zur Verfügung stehenden Budgets und bereitet die Belege für die weitere Verarbeitung auf. Der Arbeitgeber erhält also nicht nur die Summe der Aufwendungen, sondern auch eine Aufteilung nach geschäftlichem und privatem Aufwand. Diese Daten können dann für die Lohn- und Reisekostenabrechnung genutzt werden.
Was ich ein wenig schade finde ist, dass Bonvoyo hier nur indirekt als Zahlungsdienst tätig wird. Es gibt zwar ein Angebot für eine Firmenkreditkarte, aber die Abrechnung der Leistungen die vom Mitarbeiter privat verauslagt werden weil bspw. nur Barzahlung oder nur bestimmte Karten akzeptiert werden, findet dennoch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer statt. Das hätte man auch noch optimieren können, in dem der Mitarbeiter von Bonvoyo die Erstattungen erhält und der Arbeitgeber lediglich eine Monatsrechnung für Alles.
Vorteile von Mobilitätsbudgets
Ein Mobilitätsbudget macht Mitarbeitende natürlich erst einmal flexibler in der Wahl ihrer Verkehrsmittel. Wer auf einen Dienstwagen verzichtet, stellt sich also bzgl. seiner privaten Mobilität nicht mehr per se schlechter. Gerade in städtischen Regionen kann so ein Auto natürlich auch Belastung sein. Damit erreicht man als Arbeitgeber natürlich auch sehr begehrte Zielgruppen was Bewerberinnen und Bewerber angeht.
Aber es geht natürlich um viel mehr. Autos werden häufig nach dem Maximalbedarf beschafft, d.h. bei der Entscheidung Kombi oder SUV vs. Kompaktfahrzeug spielt nicht die Frage der Alltagstauglichkeit eine Rolle, sondern die Frage ob der Wagen für den Jahresurlaub mit der Familie ausreicht.
Mit einem Mobilitätsbudget könnten Arbeitgeber auch dieses Problem lösen: Kleinere, wirtschaftlichere Fahrzeuge für den Alltag, kompensiert durch die Übernahme einer Kombi-Miete für den Urlaub des Mitarbeiters.
Man sieht, mit intelligenten und digitalen Lösungen kann man eine Menge bewegen. Insgesamt wird hierzulande noch viel zu sehr auf den Besitz eines Statussymbols gesetzt, anstatt dass man sich Gedanken über eine optimale Verfügbarkeit macht.
Für die Zeit „nach Corona“ habe ich mir vorgenommen, dass wir dieses Angebot bei uns in den Firmen testen.