Da freut man sich auf ein ruhiges Wochenende nach einer weiten Reise und was machen die Unterhändler in den Koalitionsverhandlungen? Sie einigen sich auf eine Akzeptanzpflicht für bargeldlose Zahlungen und wollen die „offene Ladenkasse“ endgültig abschaffen.
Quasi als Kompensation für die erneute und dauerhafte Senkung des Mehrwertsteuersatzes für die Gastronomie von 19% auf 7% möchte man nunmehr endlich den bargeldlastigen Branchen nicht nur grundlegenden Kundenservice, sondern auch mehr Steuerehrlichkeit auferlegen.
Erinnern wir uns an die Zeit der Eurokrise. Der Vater der „schwarzen Null“ Wolfgang Schäuble übte seinerzeit großen Druck auf die „Südländer“ aus, ihre Haushalte zu sanieren. Die Bekämpfung von Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung galt als ein Hebel, um für mehr Steuereinnahmen zu sorgen. Gleichzeitig ignorierten sämtliche Bundesfinanzminister die Rufe aus den Bundesländern, endlich ernsthaft gegen genau jenes Problem auch in Deutschland vorzugehen.
So wurde zwar 2020 eine Bon- und TSE-Pflicht für Registrierkassen wirksam, gleichzeitig durfte aber weiterhin mit der offenen Ladenkasse gearbeitet werden. Nicht zu wenige Gastronomen haben daher ihre Kasse entsorgt und setzten fortan wieder auf den klassischen Bierdeckel mit Strichen.
Forderung des Bitkom e.V. nach Jahren erhört?
Der von 2200 Mitgliedsunternehmen getragene Verband fordert seit Jahren mehr Engagement vom Staat um das bargeldlose Bezahlen auch in Deutschland flächendeckend zu ermöglichen. Bislang vergeblich. Zu sehr setze man seitens des Staates auf Vernunft und eine sich erst langsam, und dann durch die COVID-Pandemie beschleunigte, Nachfrage seitens der Konsumentinnen und Konsumenten.
Inzwischen sehen wir aber, trotz der insgesamt positiven Entwicklung der Kartenakzeptanz hier und da wieder Rückschritte. Bäckereiketten wie Kamps, die ihren Franchisenehmern hübsch gestaltete „Kartenzahlung ab 5€“-Aufkleber zur Verfügung stellen oder Imbissbetriebe, die ihr „Corona-Terminal“ klammheimlich wieder abgebaut haben.
Probleme einer gesetzlichen Regelung
Der Staat kann natürlich keine gesetzliche Regelung erlassen, in der wortwörtlich steht, dass jeder Betrieb zumindest girocard, Visa und Mastercard akzeptieren müsse.
Spricht der Gesetzestext jedoch lediglich von „einer bargeldlosen Bezahlmöglichkeit“, so kann das ziemlich weit ausgelegt werden. Von einer ausschließlichen Akzeptanz der girocard (bei allen Nachteilen immerhin ein Massenzahlungsmittel) bis hin zu irgendwelchen Apps, die sich Kundinnen und Kunden erst einmal auf ihr Smartphone laden müssten und im Zweifelsfall lieber den Not-Zwanziger einsetzen.
Schlauer hingegen hat es das Land Berlin in seiner Taxiordnung vorgegeben. Dort heißt es: „Der Unternehmer hat die Akzeptanz von mindestens drei verschiedenen, im Geschäftsverkehr üblichen Kreditkarten zu gewährleisten.“ (siehe hier)
Hier sehe ich aber das Problem, dass Taxen Teil des ÖPNV sind, für die Stadt resp. das Land Berlin verantwortlich ist und eine solche Regelung Teil der Konzession ist, die auch andere Qualtitätsmerkmale enthält. In dem Fall bewirbt sich ein Unternehmer auf eine Konzession zum Betrieb eines Taxis auf dem Gebiet des Landes Berlin. Wer keine Karten akzeptieren möchte, könnte ja durchaus einen Konzessionsantrag für den Landkreis Märkisch-Oderland stellen und fortan dort fahren.
My six cents
Als Kartenzahler hoffe ich, dass aus der Absichtserklärung der zukünftigen Koalitionäre ein juristisch einwandfrei formuliertes Gesetz wird, welches nicht bei der ersten Klage des DEHOGA in Karlsruhe wieder einkassiert wird, denn dort läuft man sich bereits warm.
Zitat: „Kritik an den Plänen kommt vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Die Betriebe seien ohnehin durch steigende Kosten und sinkende Erträge unter Druck. Durch Miet- und Servicegebühren für die Geräte sowie Transaktionskosten würden sie zusätzlich belastet, so der Lobbyverband. Auch eine lückenlose Registrierkassenpflicht lehnt der Verband ab – so würden etwa Gastronomen auf Volksfesten oder Weihnachtsmärkten offene Ladenkassen verwenden, weil diese praktikabler seien.“ (ganzer Artikel auf spiegel.de siehe hier)
Die Reaktion liest sich wie ein Hohn. Eine Senkung der Mehrwertsteuer nehmen wir gerne entgegen, aber Maßnahmen zur Steigerung der Steuerehrlichkeit bitte nicht. Ich frage mich, wie das Gastwirte sehen, die sich an die Regeln halten und ihre Gäste sogar zur Kartenzahlung ermuntern? Die müssten sich doch ziemlich veräppelt vorkommen, wenn sich der eigene Verband so deutlich hinter die unlauteren Wettbewerber stellt.
Wir schreiben das Jahr 2025. Händler, Dienstleister und Gastronomen hatten nun wahrlich genug Zeit, sich mit dem Thema Kartenakzeptanz zu beschäftigen und einen Anbieter zu finden, der auf die jeweilige Branche zugeschnittene Tarife und Geräte anbietet. Denn die gibt es!
Für den Staat gilt: Die Haushaltssituation und die vor uns liegenden Herausforderungen verbieten es, Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit in gewissen Bereichen zu dulden, während man an anderen Stellen Unternehmen wie selbstverständlich immer mehr Pflichten auferlegt.
Bis wir endlich auch in Deutschland überall bargeldlos bezahlen können, bleibe ich meinem Motto treu: „No card, no sale!“