Vor einigen Tagen meldete der Betreiber einiger Bezahlkartensysteme in deutschen Sportarenen Insolvenz an. Zu Recht fragen sich die Kunden, was mit dem noch auf diesen Karten gespeicherten Guthaben passiert. Laut E-Geld-Richtlinie müssen die Einlagen der Kunden getrennt verwaltet werden und dürfen nicht zur Bedienung von Verbindlichkeiten des Betreibers herangezogen werden.
In der Theorie hört sich das gut an. In der Praxis sieht das aber so aus, dass der vorläufige Insolvenzverwalter erst einmal auf dem Geld sitzt und Wochen vergehen können, bis über die Auszahlung an die Karteninhaber entschieden wird.
Aktualisiert: JustPay nutzt seit Längerem eine regulatorische Ausnahme und fällt nicht mehr unter die E-Geld-Richtlinie. Damit dürfte das Guthaben der Kunden in den Lostopf der Verteilung fallen. Ob da nach Abschluss des Insolvenzverfahrens noch etwas für die Quote übrig bleibt, darf bezweifelt werden!
Die Bezahlkarten standen von Anfang an in der Kritik. Dem verständlichen Wunsch von Caterern und Fans nach schnellstmöglicher Abwicklung des Bezahlvorgang standen die allseits bekannten Nachteile gegenüber. Neben der beschränkten Einsatzfähigkeit ausschließlich in Stadien die das gleiche System verwenden, parkt man eigentlich ungewollt Geldbeträge von denen man nicht genau weiß, wann man diese tatsächlich wieder verwenden kann.
Vor zwanzig Jahren hätte man solche Systeme durchaus noch als alternativlos darstellen können, da die NFC-Übertragung in Verbindung mit Prepaidkarten eine schnelle und sichere Abwicklung auch offline ermöglicht.
Dass es auch anders geht, beweisen Großveranstaltungen bspw. in Polen. Das Open´er Festival, Polens größtes Alternative-Rock-Festival in Gdynia, funktioniert seit 2008 komplett ohne Bargeld an den Verkaufsständen. Dort setzt man seitdem auf die Kontaktlostechnologie PayPass von MasterCard.
Da in den ersten Jahren noch wenige Kunden solche Karten besaßen, wurden seitens des Bankpartners pro Festivaljahr zehntausende Prepaid-MasterCards auf dem Festival kostenlos ausgeteilt. Diese konnten vor Ort per Barzahlung aufgeladen werden. Restguthaben ließ sich problemlos bei jeder MasterCard-Akzeptanzstelle ausgeben.
Um die Zahlungsabwicklung zu beschleunigen, wurde für Zahlungen auf dem Festivalgelände die sonst existierende 50 PLN-Grenze (ca. 11€) ab der die PIN-Eingabe verpflichtend ist, aufgehoben. Nach unbestätigten Informationen soll der Zahlungsdienstleister auch Einiges an Technik auf dem Festival aufgebaut haben, um die Abwicklung zu beschleunigen.
Aber wir müssen gar nicht nach Polen schauen. So etwas Ähnliches gab es auch in Deutschland beim VfB Stuttgart. Dort wurden Stadionkarten mit PayPass-Funktion ausgegeben, die auch an allen anderen MasterCard-Terminals nutzbar waren. Kunden konnten selbstverständlich auch mit ihren eigenen Karten bezahlen. Leider hat man das System inzwischen eingestellt und auf klassische Chip & PIN-Kartenzahlung gesetzt. Ob das inzwischen wieder geändert wurde, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis.
Da leider viel zu wenige Deutsche überhaupt eine MasterCard oder VISA-Karte besitzen und noch weniger über eine solche Karte mit NFC-Funktion, kann dieser Service eher als zusätzliches Angebot für aufgeschlossene Kunden und natürlich für Besucher aus dem Ausland dienen.
In nahezu jedem deutschen Portemonnaie befindet sich aber mindestens eine girocard oder Maestro-Karte. Viele girocards besitzen weiterhin den GeldKarte-Chip, der kontaktlos via girogo (vornehmlich SparkassenCards) oder durch Stecken ausgelesen werden kann. Zusätzlich startete 2016 der Roll-Out kontaktlosfähiger girocards, bei denen die Zahlungen direkt dem verbundenen Bankkonto belastet werden.
Da moderne Bezahlterminals heute alle Verfahren gleichzeitig unterstützen und die girocard mittlerweile in fast allen Fällen im Offline-Modus betrieben werden kann, sollte sich das Argument „Stadionkarten sind schneller“ mittlerweile erledigt haben.
Mit Hilfe von Rabattanreizen bei Bezahlung mit Systemen ohne PIN-Eingabepflicht lässt sich sicherlich auch noch steuern, dass die schnellste Variante auch am Häufigsten von den Fans genutzt wird.
Last but not least sind solche Großveranstaltungen auch eine gute Gelegenheit, das Thema Kartenzahlung (insbesondere Kontaktloszahlungen) den Menschen näher zu bringen. Wer es gewohnt ist, am Samstag Nachmittag sein Bier mit einem Tap zu bezahlen, der wird sicherlich eher mal die Frage stellen, wieso der Stammitaliener oder die Kantine eigentlich auf Bargeld bestehen. Daher sollten sich die beteiligten Unternehmen auch überlegen, ob man statt teurer Bandenwerbung im Stadion nicht vielleicht einfach mal ein spezielles Angebot für die kostengünstige Abwicklung der Zahlungen unterbreitet.