In einer Pressemitteilung im letzten Jahr kündigte VISA ja bereits den Launch ihres neuen VISA Debit-Produkts bei der comdirect (und der DKB) an. Auf Nachfragen bzgl. der genauen Ausgestaltung der Karte (mit oder ohne girocard-Funktion), der Zukunft von VISA-Kreditkarte und girocard, wich man auf den bekannten Kanälen seitens comdirect aus.
Vor einigen Tagen erschienen die ersten Bilder im Netz, wo offensichtlich der Kölner Kartenproduzent versehentlich Details der neuen Karte und möglicher neuer Kontomodelle bzw. aufpreispflichtiger Optionen vorzeitig mit neu ausgestellten Karten verschickt hat. Die Details hierzu lassen sich bei finanz-szene.de nachlesen.
Bislang: VISA Credit und girocard/VPay Debit von der comdirect. Foto: comdirect
Kontoführung und Aufpreise
Im Standardpaket werden neben einer VISA Debit-Karte (inkl. Mobile Payment mit Apple Pay und Google Pay) eine NFC-fähige girocard enthalten sein.
Die girocard wird ohne Co-Badge geliefert werden. Wer häufig in den Niederlanden unterwegs ist, wo häufig Maestro oder das gerade gestrichene V-Pay Co-Badge oftmals die einzige Bezahlmöglichkeit darstellen, schaut zumindest temporär bis zum Abschluss der Debit-Migration in den Niederlanden in die Röhre.
Direkt nach Kontoeröffnung steht den Kund*innen die neue VISA Debit digital für Apple Pay oder Google Pay zur Verfügung. Während die VISA Debit kurz darauf automatisch im Briefkasten landen wird, muss die girocard gesondert bestellt werden. Auch wenn man im Gegensatz zur Consorsbank für Neukunden kein Preisschild an die girocard hängt, so spekuliert man doch darauf, dass ein Großteil der Kundschaft erst einmal schaut, ob die VISA-Karte nicht doch für den Alltag vollkommen ausreicht. Ob das gelingt ist im Wesentlichen eine Frage des Wohnorts und der persönlichen Shopping-Gewohnheiten.
- 700 Euro monatlicher Geldeingang
- oder 3 Zahlungen über Apple Pay oder Google Pay pro Monat – mit der Bankkarte (Visa-Debitkarte) oder Visa-Kreditkarte
- oder 1 Trade/1 Wertpapiersparplanausführung pro Monat
- oder Sie sind unter 28 Jahre alt und Student, Schüler, Auszubildender oder Praktikant
Ansonsten wird eine monatliche Gebühr von 4,90€ fällig.
Folgende kostenpflichtigen Optionen stehen Kund*innen aktuell zur Verfügung:
- VISA-Kreditkarte (Charge card mit monatlicher Abrechnung): 1,90€ pro Monat [neu: Kein Fremdwährungsentgelt mehr]
- Option „Bargeld-Plus“: 6,90€ pro Monat (6 Monate Mindestlaufzeit) [unbegrenzte Aus- und Einzahlungen]
- Option „Reise-Sorglos-Paket“: 7,90€ pro Monat (6 Monate Mindestlaufzeit) [diverse Versicherungsleistungen]
- Neu: Echtzeitüberweisungen werden ausgehend mit 1€ bepreist in sofern nicht das Kontomodell „Girokonto Plus“ gewählt wurde
Alternativ gibt es das Ganze auch im Paket „Girokonto Plus“ für 14,90€ pro Monat im Vergleich zu 16,70€ für die einzelnen Optionen.
Quelle: https://www.comdirect.de/konto/girokonto.html
Preis- und Leistungsverzeichnis als PDF: https://www.comdirect.de/pbl/member/formcenter/DownloadPdfDocumentRH.do?&redirected=390998&ePdfInstance=631645&ePageId=cori7105&pdf=&name=&combined=true
Für Bestandskunden treten die Änderungen zum 01.05.2021 in Kraft.
Was bedeutet das für comdirect-Kunden?
Deutschland ist ein Debitkarten-Land. Das äußert sich darin, dass Bankkund*innen ungerne eine Kreditkarte für tägliche Ausgaben verwenden. Andererseits gewinnt das Thema Mobile Payment auch bei uns immer mehr Bedeutung. Kund*innen der comdirect konnten bislang nur ihre VISA-Kreditkarte mit Apple Pay und Google Pay nutzen. Mit VISA Debit haben sie nunmehr die Möglichkeit, auch von der direkten Belastung des Girokontos zu profitieren wie dies bspw. bei der ING oder N26 der Fall ist.
Aber auch der Bargeldbezug am Geldautomaten wird einfacher. Während die Kund*innen bislang darauf achten mussten, dass der Bargeldbezug mit der girocard/VPay-Karte nur in der Eurozone kostenlos war, außerhalb aber die VISA Kreditkarte verwendet werden musste, heißt es ab sofort: Eine Karte für alle Geldautomaten.
Profitieren dürften auch diejenigen, deren Bonität der Ausstellung einer Kreditkarte verhinderte. Diese Kundengruppen dürfen aufatmen. In sofern der Kontoeröffnung nicht grundsätzlich etwas im Wege steht, erhalten diese Kund*innen nunmehr ein vollwertiges Kartenprodukt, das für Mobile Payment und als Zahlungsmittel in Online-Shops ohne Einschränkungen einsetzbar ist.
Auch die meisten Autoverleiher und Hotels akzeptieren Debitkarten von VISA als Sicherheit. Hier muss nur darauf geachtet werden, dass der Kautionsbetrag den auf dem Girokonto verfügbaren Betrag entsprechend einschränkt. Das kann auf Reisen mit vielen solcher Buchungen durchaus schon einmal zu einem Problem werden.
Als Alternative gibt es natürlich immer noch kostenlose VISA-Karten von Anbietern wie bspw. Barclaycard oder der Hanseatic Bank.
Spiel nicht ohne Risiko
Die Zeiten, in denen VISA und Mastercard in Deutschland nur auf Platz gespielt haben und sich im Wesentlichen mit ihrer Rolle als Co-Badge-Lieferant und Reisekarten-Status abgefunden haben, sind damit endgültig vorbei. Mit diesem Deal werden im wahrsten Sinne des Wortes, die Karten neu gemischt. Man möchte mit VISA Debit ganz klar das „Top of Wallet“-Produkt beim Enduser werden. Ähnlich dürfte es bald bei der Deutschen Bank und der Postbank aussehen, die gerade eine neue Allianz mit Mastercard eingegangen sind.
Mit der Einführung von Gebühren für eine klassische VISA Kreditkarte (Charge card) nimmt comdirect aber auch das Risiko auf sich, Kunden zu verärgern und Provisions-/Zinserlöse zu verspielen.
Angesichts des Trends, kostenlose Konten immer weiter einzuschränken dürften wohl die wenigsten Kundinnen und Kunden gerade die Lust verspüren, die Flucht in Richtung einer anderen Direktbank zu ergreifen. Neobanken fallen eh schon einmal raus, da sie weder girocard noch Kreditkarten im Portfolio haben.
Schwerwiegender dürfte da schon der drohende Erlösverlust in Richtung anderer Kreditkartenanbieter sein, deren kostenlose Karten für einen Teil der Kund*innen die Lücke füllen dürften.
girocard nicht komplett ausgemustert
Dass man sich in Quickborn nicht dazu hat durchringen können, die girocard komplett einzustellen, war irgendwie zu erwarten. Keine der großen Banken will anscheinend als Erste diesen Schritt wagen. Aber man hat sie schon deutlich im Regal nach Hinten platziert und überlässt den Kund*innen die Wahl, ob sie Deutschland „liebste“ Karte aktiv anfordern oder lieber gleich mit der VISA Debit und ihrem Smartphone den Alltag bestreiten.