Im letzten Jahr habe ich in meinem Konten- und Kartenportfolio ziemlich aufgeräumt. Dem sind auch einige kostenlose Angebote zum Opfer gefallen, die von mir selten bis gar nicht genutzt wurden. Im Februar war es dann mal wieder an der Zeit ein neues Produkt an den Start zu bringen: Die kostenlose VISA Black Kreditkarte von Barclaycard Deutschland.
Die VISA Black ist eine der wenigen, noch verbliebenen kontoungebundenen VISA-Karten die (fast) ohne Gebühren auskommt. Es gibt darüber hinaus weder ein Fremdwährungsentgelt, noch fallen von Seiten des Kartenherausgebers Kosten für die Nutzung von Geldautomaten an. Allerdings drohen 4% Gebühren bei Nutzung der VISA-Karte bei Lotterien, Casinos oder bspw. Wertpapier-Handelsbörsen.
Der Beantragungsprozess
Ich habe die Beantragung bequem von zu hause aus durchführen können. Das Antragsformular hielt sich im Grenzen und am Ende galt es, noch einen Video Ident durchzuführen. Da ich den Antrag aus Bequemlichkeitsgründen am MacBook durchgeführt habe, habe ich zunächst versucht die Legitimation mit der Facetime-Kamera durchzuführen. Das ist jedoch im abendlichen Wohnzimmer leider völlig in die Hose gegangen. Der Agent konnte den Ausweis im Lampenlicht leider nicht überprüfen. Der zweite Versuch via iPhone ging dann problemlos. Bei beiden Versuchen wurde ich übrigens mehrmals gefragt, wieso ich das Video-Ident durchlaufe und ob das vielleicht im Rahmen eines Jobs oder einer Bewerbung passieren würde. Diese Betrugsmasche scheint wohl immer noch zu kursieren. Mir soll es Recht sein. Sicher ist sicher.
Warten angesagt
Zwischen der Bestätigung der erfolgreichen Beantragung und der Lieferung der Karte verging rund eine Woche. Ein Instant-Issueing mit sofortiger Aktivierung in der Apple Wallet vermisste ich an dieser Stelle.
Im Umschlag mit der Karte befand sich des Weiteren auch die Kundennummer, die man für die Registrierung der App benötigte. Auch sollte es noch einige Tage bis zum Erhalt der PIN dauern.
Die Karte
Neben einer kontaktlosen Plastikkarte im schicken Hochformat, werden Google Pay und Apple Pay selbstverständlich unterstützt. Die Aktivierung erfolgt hierbei ausschließlich über das Abfotografieren der Karte (was leider aufgrund der Art- und Weise wie die Kartennummer aufgedruckt wurde, mitunter was hakelig sein kann) oder die manuelle Eingabe der Kartendaten. Ein schnelles Hinzufügen über einen Button in der App ist hingegen nicht möglich.
Eine weitere inzwischen schon fast antike Besonderheit zeichnet die VISA von Barclaycard noch aus: Die CVM-List bevorzugt die Unterschrift als Autorisierungsmerkmal bei Zahlungen mit dem Chip oder kontaktlos über 50€. Das kann im Ausland praktisch sein, wenn mal wieder eine Kassenkraft ungefragt die Währungsumrechnung DCC aktiviert. Hier hat man immer noch die Möglichkeit, die Unterschrift zu verweigern und auf einen Storno zu bestehen. Bei Chip&PIN-Zahlungen vergessen die Mitarbeitenden gerne mal, dass sie noch eine Minute zuvor perfekt Englisch gesprochen haben. (Update: Die neuen Karten fragen jetzt bevorzugt die PIN ab.)
Dennoch unterstützt die Barclaycard VISA Black auch Offline-PIN, ohne die in vielen Reiseländern Beträge oberhalb des Kontaktlos-Limits gerne mal zu Problemen führen können.
Auch für die erste NFC-Zahlung forderte die Karte zum Stecken auf, begnügte sich dann aber mit einer Unterschrift als Autorisierung.
iOS App
Bei der App handelt es sich im Wesentlichen um eine gewrappte Form der Online-Banking Webseite. Der mobile Zugang kann jedoch mit TouchID bzw. FaceID gesichert werden. Auf den ersten Blick sieht man den Saldo und verbliebenen Verfügungsrahmen. Mit wenigen Klicks kann den Zahlungsrhymus ändern, Kontoauszüge und aktuelle Umsätze (inkl. Vormerkungen) einsehen.
Als Erstes sollte man nach der Einrichtung den Auszugversand auf PDF in Postbox umstellen, da ansonsten 1,10€ für eine Papierrechnung fällig werden. Direkt danach sollten vernünftige Leute die voreingestellte Teilzahlungsfunktion deaktivieren und auf Lastschriftzahlung von 100% des offenen Saldos wechseln, da es sonst teuer wird.
Zusammengefasst kann man sagen: Die App tut, was sie soll auch wenn einige Punkte wie die Einstellungen zu Benachrichtigungen etwas unlogisch in einem Burger-Button versteckt wurden. Das sich dahinter verbergende Menü wird auf einem iPad übrigens nicht angezeigt.
Apropos Benachrichtigungen: Neben den Umsatzmitteilungen aus der Google oder Apple-Wallet lassen sich hier Push-Nachrichten, E-Mails und SMS konfigurieren, allerdings erst für Umsätze ab 25€. Wieso auch immer.
Die App könnte m.E. mehr Liebe und eine native Umsetzung vertragen.
Kreditlimit und Zahlungsziel
Das bei der Beantragung zur Verfügung gestellte Kreditlimit war in meinem Falle mehr als ausreichend. Durch den stark zum Zeitpunkt der Abrechnung versetzten Lastschrifteinzug, erhält man bis zu 59 Tage kostenfreies Zahlungsziel. Im Gegensatz zu den Firmenkarten der Sparkasse werden Kontostand und Kreditrahmen nicht schon bei Rechnungsstellung wieder auf Null gesetzt, sondern erst nach erfolgreichem Einzug, was für mehr Übersicht über die eigenen Finanzen sorgt. Allerdings muss man dabei berücksichtigen, dass sich der anfangs hohe Kreditrahmen dadurch auf einen Zweimonatszeitraum verteilt und so quasi halbiert. Man kann übrigens jederzeit Einzahlungen auf die mit dem Kartenkonto verbundene IBAN tätigen oder einen Soforteinzug über die App veranlassen!
Kein Fremdwährungsentgelt
Für viele Karteninhaber*innen ist der Verzicht auf ein Fremdwährungsentgelt ein Muss-Kriterium. Andere wiederum nutzen auch in Übersee am Liebsten ihre Premiumkarte mit 2% Fremdwährungsentgelt oder mehr. In diese Nische sind inzwischen einige Fintechs und Neobanken wie Revolut gedrängt. Was aber viele geflissentlich übersehen: Im Laufe der Zeit wurde nicht nur der Betrag, den man kostenlos monatlich in einer anderen Währung bezahlen kann drastisch reduziert. Darüberhinaus langen die Fintechs wie Revolut und Curve gerne am Wochenende mit Zusatzgebühren zu.
Was das also in der Praxis bedeuten kann, hier einmal an einem kleinen Beispiel: Man bezahlt an einem Samstag Abend in Polen sein Abendessen für 50 PLN. Davon ausgehen, dass man kein PLN-Guthaben mehr bei Revolut hat und das EUR-Guthaben umgerechnet und belastet wird, kamen hier Anfang März folgende Werte heraus:
Fremdwährung
Wie man sieht, gibt es gerade am Wochenende die Konstellation dass Revolut beim Wechselkurs mit einer Sparkassen-Mastercard und 1% Fremdwährungsentgelt gleichauf liegt, während die VISA von Barclaycard hier die günstigste Option ist.
Teilzahlung, Ratenkauf und Rücküberweisungen
Wo Licht ist, ist auch Schatten. Natürlich möchte und muss Barclaycard Geld verdienen. Bei der standardmäßig voreingestellten Teilzahlung fallen aktuell rund 18,38% effektiver Jahreszins an. Darüber hinaus gibt es diverse Teilzahlungsmöglichkeiten mit wesentlich niedrigeren Zinssätzen. Besonders gefährlich ist dabei die Option der Rücküberweisung auf das eigene Girokonto aus dem Kreditrahmen. In der Regel kosten Dispositionskredite ungefähr die Hälfte dessen, was Barclaycard berechnet. Einige Institute berechnen nicht einmal ein Drittel davon. Wer also finanziell in einer Zwickmühle steckt, wessen Dispositionskredit ausgereizt ist und darüber nachdenkt, sich so etwas Luft zu verschaffen: Nicht tun! Bei den Zinssätzen werden eure Probleme zusehends größer statt kleiner!
Viel zu oft erhält man E-Mails die auf die Möglichkeiten der Teilzahlung, Rücküberweisung und Co. hinweisen. Ich verstehe die Motivation der Bank dort schon, allerdings sollte man nicht außer Acht lassen, dass man damit den meisten Kunden nun wirklich keinen Gefallen tut.
Fazit
Die Barclaycard VISA Black ist eine solide Karte mit Unterstützung für Google Pay und Apple Pay. Wer die Karte mit seinem Smartphone nutzt, entgeht auch der Schrulligkeit der Autorisierung per Unterschrift bei höheren Beträgen. Sie eignet sich hervorragend für Kunden, deren Banken Gebühren für eine Kreditkarte verlangen oder als eine der wenigen Institute in Deutschland keine Unterstützung für Mobile Payment bieten. Auch als Zweitkarte für den Urlaub kann die VISA Black punkten, da die Vorteile nicht von einem regelmäßigen Mindestumsatz oder Geldeingang abhängen.
Wer einen problematischen Umgang mit Geld pflegt oder überlegt, mit einer Kreditkarte finanzielle Engpässe zu überbrücken, sollte lieber einen Riesenbogen um die Karte machen.
Allen Anderen kann ich die Karte guten Gewissens empfehlen. Momentan gibt es für Neukunden netterweise auch noch 50€ geschenkt.
Ein Gedanke zu “Im Test: Barclaycard VISA Black. Kostenlose Karte für Leute, die mit Geld umgehen können (updated)”
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