6. Dezember 2024

C24 und die girocard: Weckruf und Watschen

Vor einigen Tagen kündigte die zum Vergleichsportal Check24 gehörende C24 Bank überraschend an, neben der bisher zu ihren Konten ausgegebenen Debit Mastercard nunmehr auch optional eine girocard auszustellen. Kund*innen erhalten diese Karte gebührenfrei in den kostenpflichtigen Kontomodellen. Im kostenlosen Smartkonto gilt als Bedingung, dass dieses aktiv (minimal zwei Lastschriften pro Monat) genutzt werden muss. Ansonsten werden 1,90€ monatlich für die Karte fällig. Inzwischen ist die Karte auch bestellbar.

Apple Pay und Google Pay-Support gibt es aktuell keinen, d.h. die Karte dient in allererster Linie um in Fällen fehlender Mastercard-Akzeptanz flüssig zu bleiben. Genauso fehlen tut das von anderen girocards bekannte Co-Badge. In den Niederlanden ist man daher auch mit dieser Karte häufig noch aufgeschmissen.

Tot gesagte leben länger?

Inzwischen haben die meisten Direktbanken die girocard mehr oder weniger in die zweite Reihe gestellt. Die Strategie geht ganz klar in Richtung Visa Debit oder Debit Mastercard. Bei den sog. Fintechs und Neobanken stellte sich die Frage eh nie. Dort gab es schlichtweg nie eine girocard.

Das Prinzip lautet: „Keep it simple and effective“. Eine Karte für den Einkauf im Laden, national wie international, und online. Das spart darüber hinaus noch Kosten. Nicht umsonst bewegen sich gerade die ersten Direktbanken, wenn auch zaghaft, vom bisherigen Drei-Karten-Modell (girocard, Co-Badge plus VISA/Mastercard) weg.

Mögliche Gründe

Jeder Anbieter möchte natürlich in erster Linie, dass man deren Konto aktiv und möglichst ausschließlich nutzt. Die etwas antiquiert anmutenden Begriffe wie „Hauptbankverbindung“ oder „Gehaltskonto“ spielen hier eine Rolle. In der Vergangenheit wurde immer wieder spekuliert, wie viele der Kund*innen von bspw. N26 oder Revolut dieses Konto tatsächlich als einzige oder hauptsächliche Bankverbindung sehen und nicht nur als Taschengeldkonto. Ebenso dürften viele Direktbankkonten wie bei der DKB lange Jahre nur deswegen bestanden haben, weil man sich mit deren VISA-Karte im In- und Ausland kostenlos mit Bargeld eindecken konnte. Ein Verlustgeschäft für die Banken.

Immer wieder liest man in Foren, dass Kund*innen eine girocard vermissen, da die Friseurin, der Metzger oder schlichtweg der Fahrkartenautomat des örtlichen Verkehrsbetriebs keine VISA oder Mastercard unterstützen.

Natürlich gibt es meist Alternativen: Friseursalon wechseln, Fleisch beim Supermarkt einkaufen und eine HandyTicket-App nutzen. Aber manchmal will man das auch einfach nicht. Insbesondere wenn man davon ausgeht, dass die Zielgruppe von C24 jetzt nicht unbedingt unter den jungen, hippen und urbanen Club-Mate-Fans zu suchen ist. Da zählt die Treue zu einem Handwerksbetrieb mehr, als die Abneigung gegen ein bestimmtes Zahlungsmittel.

Somit besinnt man sich bei der C24-Bank auf eine alte Tradition früherer Co-Branding-Kreditkarten: Die Notfall ec-Karte. Egal, ob Barclaycard oder die LBB mit amazon und AirBerlin-Karten. Früher gehörte die optionale ec-Karte zum guten Ton. Diese Karten sahen meist eher unspektakulär aus und waren technisch nicht immer auf dem neuesten Stand, so verfügte die ec-Karte von AirBerlin damals nur über einen Magnetstreifen. Man signalisierte: „Nimm mich nur, wenn Du unbedingt musst“.

Ganz so schlimm ist es bei C24 nicht. EMV-Chip (eh ein Muss) und kontaktloses Bezahlen sind immerhin enthalten.

Eine Watschen und Weckruf für die Branche

Der Bankteil von Check24 gehört jetzt nicht unbedingt zu den wichtigsten Playern im Bankingsektor, von daher sollte man sich mit Schadenfreude bei den Verfechter*innen der girocard zurückhalten. Ignoranz bei Mastercard und VISA wären aber genauso fehl am Platz. Trotz aller Bemühungen das Akzeptanz-Gap zu schließen, gibt es immer noch regionale und Branchen-Cluster, wo die girocard oft das einzige unbare Zahlungsmittel ist.

Peinlich wird es jedoch für diejenigen Firmen, die die Unternehmen mit Kartenterminals und Akzeptanzverträgen ausstatten. Also Netzbetreiber und Acquirer. Wer es nicht schafft, mit wettbewerbsfähigen Konditionen, Bestandskunden zur Akzeptanz von VISA und Mastercard zu bewegen, sollte sich schon einmal kritische Fragen gefallen lassen.

Wir reden hier schließlich nicht mehr nur von zahlungskräftigen Reisenden aus dem Ausland, denen man in einer Pommesbude in Wanne-Eickel das Bezahlen ermöglichen möchte, sondern von inzwischen völlig alltäglichen Zahlungskarten, die für viele Bankkund*innen das präferierte und immer häufiger auch einzige Kartenprodukt sind.

 

Marc-Oliver Schaake

Lotus / IBM / HCL Notes Professional Mag Reisen mit dem Zug, insbesondere mit Nachtzügen Kartenzahler seit 1987

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