18. April 2024
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Ach Twitter…

Die Vergangenheit hat bereits mehrfach bewiesen, dass soziale Netzwerke die einst populär waren, auch genauso schnell wieder in der Versenkung verschwinden können.

Als musikalisch breit interessierter Mensch, war ich natürlich ein großer Fan von mySpace. Wenig, sagt mehr über einen Menschen aus, als die Musik die er hört. So kamen über die Plattform auch die eine oder andere nette Bekanntschaft zustande.

Nachdem beim alten mySpace die Lichter ausgingen, ging es weiter zu Facebook. Damals noch recht neu in Deutschland und sowohl optisch, als auch technisch ein wenig ausgefeilter.  Bandprofile ließen sich ebenfalls liken, jedoch tauchten diese Likes zwischen all den anderen gefolgten Seiten auf. Musik zur Begrüßung auf dem eigenen Profil? Ebenfalls nicht im Angebot.

Auf Facebook war ich dennoch eine Weile aktiv. Um nicht zu sagen hyperaktiv. Allerdings habe ich aus gutem Grund den Account recht zeitnah auf nicht öffentlich gestellt, so dass meine Posts weitestgehend die Timelines der mit mir „befreundeten“ User geflutet haben. Auch damals schon waren Diskussionen, bspw. in den Kommentaren zu News-Artikeln, selten erhellend. Meistens ging es nur darum, seine eigene Meinung zu bekunden und anderen Leuten Dummheit und Ignoranz vorzuwerfen. Aktuell beschränkt sich meine Nutzung zum größten Teil auf die alljährlichen Glückwünsche zum Geburtstag. Eine Ausnahme bilden hier zwei drei Gruppen, die in der tolle Eisenbahnfotos verbreitet werden und einer Gruppe zum Thema bargeldloses Bezahlen. Dort poste ich gerne meine Blog-Beiträge. Ehrlicherweise muss man aber auch für diese Gruppe festhalten, dass sich aufgrund der inzwischen guten Kartenakzeptanz in Deutschland und der Tatsache, dass fast alle Banken anno 2023 Apple Pay anbieten, die Frequenz der neuen und interessanten Beiträge stets weiter reduziert. Auch ein Grund, warum die Facebook-App längst von meinem Smartphone verschwunden ist.

Lange Zeit blieb also noch Twitter. Angemeldet habe ich mich eigentlich nur deswegen, weil die App auf einem meiner BlackBerry-Smartphones vorinstalliert war. Nach anfänglicher Skepsis und Cross-posten von Facebook-Inhalten und Foursquare-Checkins hat mich der Twitter-Virus voll erfasst. In einst 140 Zeichen seine Meinung raushauen und für tagelange, teils hitzige, teils witzige Diskussionen sorgen. Und das Ganze in vier Sprachen. Das war mein Ding. Egal, ob es um Payment, die Eisenbahn, Reisen nach Mitteleuropa oder IT ging. Neben dem Knüpfen von Kontakten erhielt man häufig auch einen interessanten Einblick in den Berufsalltag, der vielen Menschen ansonsten verborgen bliebe. Darüberhinaus schätze ich auch den sehr direkten Kontakt zum Support von vielen Unternehmen sehr.

Aktuell befinden wir uns wieder in einer Phase – und es ist definitiv nicht die erste – in der dunkle Wolken über Twitter kreisen. Die Übernahme des Unternehmens durch Elon Musk dient gerade als Katalysator einer Entwicklung, die sich bereits seit Längerem abzeichnet, aber nicht durch ihn verursacht wurde.

Soziale Netzwerke leben von den Inhalten die Nutzer bereitstellen und der daraus resultierenden Interaktionen. Dabei muss man anerkennen, dass soziale Netzwerke nicht per se jede Generation gleichermaßen ansprechen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Neben Design und Funktionalität sind es natürlich auch die mehrheitlich dort anzutreffenden Personengruppen. Wer es sich einmal in einem solchen Netzwerk eingerichtet hat und länger nutzt, der altert gemeinsam mit dem Netzwerk und seinen Nutzern. Für Facebook gilt: Bildlich gesprochen, ist aus den Fotos von Studentenparties im Jahr 2007 inzwischen das Album vom Urlaub mit den eigenen Kids an der Mecklenburger Seenplatte geworden. Irgendwann hat sich die coole Mum, längst Oma, auch dort angemeldet und teilt täglich Artikel der Bild-Zeitung und von nervigen Sprüche-Seiten. Damit ist aber auch klar, dass die nachfolgende Generation sich eher nicht aktiv an Facebook beteiligen wird. Die irgendwo schlummernden Fotos und Geschichten aus der „Pubertier“-Phase dürften für genug Abschreckung sorgen.

Das Besondere an Twitter war immer, dass hier nie so klar eine Abgrenzung der Generationen stattfand. Twitter war immer ein bunter Haufen, um nicht zu sagen divers. Das betraf sowohl das Alter als auch berufliche und gesellschaftliche Hintergründe. Hier kam irgendwie alles oder jeder zusammen und das hat über viele viele Jahre den Reiz der Plattform ausgemacht.

Leider ist von alledem nicht mehr viel übrig geblieben. Leute, die Teil der gleichen Bubble ausmachen gehen sich regelmäßig an die Gurgel. Threads, in denen die Hälfte der Beiträge nicht lesbar sind, weil sich entweder die Leute gegenseitig geblockt haben oder – meist aus Gründen – ihre Accounts „mit Schloss“ versehen haben, machen es nicht einfacher. Und dann sind da die Trolle, die einem bei fast allen Themen immer wieder in die Replies rutschen. Und das, auch wenn man keinen der „verfänglichen“ Begriffe verwendet.

Die „Für Dich“-Timeline enthält von Tag zu Tag mehr Mist, alleinig mit dem Ziel Interaktion zu provozieren. Egal, ob der Berufsclown der Hamburger CDU sich mal wieder von Gendersternchen verfolgt sieht oder irgendwelche emeritierten Professoren die dringend notwendige Verkehrswende ins Lächerliche ziehen müssen, weil sie sich nicht vorstellen können, wie man vier Wasserkästen auf einem Lastenrad verstaut.

Während auf der einen Seite der Timeline das Taubenschach Hochkonjunktur hat wird es auf der anderen Seite immer ruhiger. Menschen, denen man folgt, die man persönlich kennt und mag, deren Expertise man schätzt, posten immer seltener oder haben sich ganz zurückgezogen.

Während also immer weniger Interessantes auf Twitter passiert, merkt man dass sich gewisse über Jahre eingeübten Verhaltensweisen nicht so einfach abstellen lassen. Jeder Mensch hat so seinen Tick. Manche schauen ständig auf die Uhr, kratzen sich am Kopf (oder anderswo) und der Twitterer schaut immer wieder auf seinem Smartphone, ob nicht doch ein Tweep etwas Lustiges, Interessantes oder Kontroverses gepostet hat. Meist ist das nicht der Fall, so sieht man sich am Ende doch genötigt mit Tauben Schach zu spielen.

Ein Blick auf die Nutzungsstatistiken der Twitter App bestätigen, was ich schon lange vermutet habe. Während der Spaß gegen Null tendiert, hat sich die Verweildauer auf Twitter nur wenig reduziert. An der Stelle möchte ich für mich mal einen Break und ein Social-Media Detox setzen. Twitter-App deinstalliert und aus allen Browsern abgemeldet.

Wer mich erreichen will, der findet auf meinem Blog meine Kontaktdaten.

Es war mir eine Freude und thanks for the fish!

Marc-Oliver Schaake

Lotus / IBM / HCL Notes Professional Mag Reisen mit dem Zug, insbesondere mit Nachtzügen Kartenzahler seit 1987

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