In Sachen bargeldlosem Bezahlen sind uns die Niederländer immer noch um Jahre voraus. Neben der allgemein technikfreundlicheren Grundhaltung gab es aber auch handfeste finanzielle Vorteile. Als es darum ging, das nationale Bezahlsystem „PIN“ durch die internationalen Debitkarten Maestro und V Pay zu ersetzen, hat man sich auf ein Pricing geeinigt, welches für das Interbankenentgelt lediglich eine fixe Gebühr von zwei Cent vorsieht und keinen umsatzabhängigen Teil (0,2% Debit/0,3% Credit) beinhaltet (siehe hier).
Dermaßen günstig aufgestellt war es natürlich kein Wunder, dass man an jeder Ecke auch die kleinste Rechnung „pinnen“ konnte. Die Niederländer gelten als sehr sparsames Volk. So verwundert es auch nicht, dass man Kreditkartenakzeptanz außerhalb internationaler Hotels, gehobener Restaurants und Warenhäuser lange suchen musste. Für Deutsche mit ihrer girocard und Maestro resp. V Pay als Co-Badge war das aber kein Problem.
Inzwischen sieht das natürlich etwas anders aus. In Deutschland sind inzwischen über 20 Millionen Visa Debit-Karten im Umlauf. Während die DKB Visa Debit als Plastikkarte noch das V Pay Co-Badging erlaubt, sieht es bei vielen anderen Banken anders aus. Selbst die neuen kostenpflichtigen girocards tragen meist kein Co-Badge mehr. Und dann wäre da noch das bereits verkündete Aus für Maestro. Zeit, zu handeln also.
Kosten für den Handel bleiben gleich, also was ist das Problem?
Wer die Interchange-Preise von Maestro und V Pay mit Debit Mastercard und Visa Debit vergleicht, stellt fest dass sich exakt nichts geändert hat. Dennoch schien es lange Zeit nicht weiter zu gehen mit der Umstellung der Terminals im Handel. Doch wieso war das so?
Die typische Terminalkonfiguration in den Niederlanden sah so aus: Alle Karten die als Maestro oder V Pay erkannt werden, werden über den Dienstleister A geroutet, der Teil der niederländischen Bezahlvereinigung („Betaalvereniging Nederland“) ist. Alle anderen Karten, also i.d.R. Kreditkarten, gehen über den Dienstleister B der diese Transaktionen zu den in Europa üblichen Konditionen abrechnet.
Bei diesem Setup würden Bezahlungen mit Debit Mastercard und Visa Debit erst einmal über Dienstleister B laufen, da das Terminal eine Mastercard resp. Visa-Karte erkennt. Diese Dienstleister wiederum könnten zwar den Unterschied zwischen Debit oder Credit erkennen, rechnen aber dennoch zu den wesentlich höheren Kosten einer Kreditkarte ab. Da aber viele Händler gar keine Kreditkartenakzeptanz haben, laufen solche Bezahlvorgänge also auf eine Fehlermeldung.
Damit der Wechsel zu den „neuen“ Debitkarten (so neu sind sie ja in Wahrheit gar nicht) ohne harte wirtschaftliche Belastungen für den Handel verlaufen kann, müsste also das Terminal von sich aus erkennen, ob die verwendete Karte eine Debitkarte ist und dann entsprechend die Anfrage zu Dienstleister A leiten. Da eine sichere Unterscheidung weder über die ersten Ziffern der Karte („BIN“) noch über die Anwendungskennung („AID“) möglich ist, muss hier etwas tiefer in die Kartendaten geschaut werden. Das konnten aber die meisten im niederländischen Markt vorhandenen Terminals bzw. die für diese lokal angepasste Firmware nicht.
Also hieß es erst einmal: Ausrollen einer neuen Firmware, wo möglich. Und wo dies nicht möglich war, Austausch der Terminals. Die Corona-Pandemie und die zeitweise schlechte Verfügbarkeit von Terminal-Hardware haben dafür gesorgt, dass sich der Abschluss des Projekts immer wieder verzögert hat.
Nicht update-fähige Terminals
Geschätzt rund 10% der in den Niederlanden in 2022 angetroffenen Terminals und Einbau-Module lassen sich nicht mit einer entsprechenden Firmware versehen. Das betrifft angeblich folgende Terminals (Quelle BOVAG):
- CCV VX 570
- CCV VX 670
- CCV VX 810
- CCV VX 820
- CCV VX 825 ITS
- OPP-B50
- OPP-C60
- OPM-C60
- OMNI2250
- OMNI3750
Solche Terminals begegnen einem immer noch hier und dort. Gerade die VX-Serie war sehr beliebt in den Niederlanden. Trifft man auf ein solches Terminal gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder der Händler akzeptiert auch Kreditkarten oder aber eine Zahlung mit einer der neuen Debitkarten wird fehlschlagen.
In Maastricht habe ich gesehen, wie in so einem Fall ein weiteres, neueres, Terminal aus der Schublade gezogen wurde. Angesichts der Tatsache, dass auch niederländische Banken ab Juli keine Maestro-Karten mehr emittieren werden, sollte sich das aber bald von selbst regeln.
Debit vs. Credit und worauf muss ich achten?
Aufgrund der großen Preisunterschiede wird man in den Niederlanden auch auf absehbare Zeit eher selten eine Kreditkartenakzeptanz in kleineren Geschäften antreffen. Selbst die größte Supermarktkette des Landes „albert heijn“ akzeptiert Kreditkarten lediglich in einigen hochfrequentierten Läden an Bahnhöfen und Flughafen.
Nach meinen letzten Aufenthalten in den Niederlanden kann ich aber bestätigen, dass man mit einer Visa Debit oder Debit Mastercard inzwischen kein Bezahlproblem hat, auch wenn an Kassen häufig Schilder wie „No Credit Card. No Visa.“ in allen beliebigen Kombinationen aus halbrichtigen Angaben anzutreffen sind.
Wer i.d.R. auf Nummer sicher geht und nach Akzeptanzstickern sucht, sucht meist vergebens. Sticker findet man häufig dort, wo man Kreditkarten akzeptiert. Ansonsten gilt in den Niederlanden, dass Bankkarten in jedem Geschäft akzeptiert werden, an denen nicht ausdrücklich „Cash only“ steht (die gibt es wirklich hier und da noch).
Statt Maestro und V Pay-Logo findet man eher noch das alte blaue PIN-Logo oder Sticker mit „Pinnen? Ja graag“:
Man sollte auch nicht davon ausgehen, dass man eine sinnvolle Antwort bekommt, wenn man nach der Akzeptanz einer Debitkarte fragt. Das hält sich in den Niederlanden ähnlich wie bei uns. Auch im Jahr 2023 gibt es genügend Menschen, die nicht wissen was eine girocard ist, aber bei der Frage nach EC-Kartenzahlung mit „Selbtverständlich!“ antworten.
Fazit
Im Großen und Ganzen ist das Thema in den Niederlanden durch und man wird von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine Probleme mehr bekommen, wenn man mit einer der neuen Debitkarten unterwegs ist. Wer auch für seltene Edge-Cases gerüstet sein möchte, nimmt die entweder noch vorhandene girocard mit Maestro oder V Pay Co-Badge mit in den Urlaub oder beantragt sich noch ganz schnell bei Revolut eine Maestro-Karte die im Übrigen auch mit Apple Pay und Google Pay funktioniert!