Die vielleicht letzte Reise dieses Jahr führte mich über das erste Oktoberwochenende nach Trier an der Mosel. Im Mittelpunkt dieses kleinen feinen Treffens einer Hand voll Twitterer stand natürlich der Wein und hier insbesondere der Riesling.
Trier ist eine ganz besondere Stadt. Zum Einen besitzt sie eine ziemliche Randlage und mit rund 112.000 Einwohnern zählt sie auch eher zu den kleinen „Großstädten“ in Deutschland. Allerdings ist die älteste Stadt Deutschlands seit je her ein sehr beliebtes Ziel für Touristen und die dortige Universität sorgt auch für ordentlich Leben in der Stadt.
Als ich 2014 mit diesem Blog begonnen habe, hätte eine solche Reise in die deutsche Provinz einiges an Vorbereitung bedurft, so ich denn die Absicht gehabt hätte, Bargeld weitestgehend zu vermeiden. Wer noch einmal nach lesen möchte, wie das denn früher so in Deutschland war: Hier geht’s lang!
Sechs Jahre, mehrere EU-Regulierungen und eine Pandemie später, hat sich auch in unserem Land sehr viel verändert. Doch lest selbst.
Die Anreise
Wie immer erfolgte die Anreise mit der Bahn aus Köln. Das Supersparpreis-Ticket (1. Klasse mit BahnCard, 19,80€) habe ich natürlich über den DB Navigator gebucht und mit Kreditkarte bezahlt. Da um die Uhrzeit auch an einem Freitag momentan nicht viel los ist, erfolgte die Fahrt zum Bahnhof mit der KVB. Besonders günstig funktioniert das mit der App FTQ Lab. Hier kostet die Strecke im Luftlinientarif 2,25€ anstelle von 3€ (Regeltarif, 2,70€ via HandyTicket).
Da ich insbesondere morgens nicht auf Hektik stehe, habe ich genügend Zeit eingeplant, um am Bahnhof noch in Ruhe einen Kaffee kaufen zu können. Inzwischen sieht es am Kölner Hbf so aus, dass mit Ausnahme des „Wiener Feinbäckers“ fast alle Verkaufsstellen Karten akzeptieren. In Sachen Kaffee hatte ich freie Auswahl aus: BackWerk, Yorma’s, Le Crobac, Ditsch, Kamps, REWE to go, Starbucks, Mc Donalds, KFC. Das sah vor sechs Jahren noch ganz anders aus.
Nach erfolgter Koffein-Infusion ging es hoch zum Bahnsteig. Der InterCity von Dortmund nach Koblenz verkehrt planmäßig ohne gastronomisches Angebot. Das BordBistro wäre früher die einzige Chance gewesen, bargeldlos auf der Reise zu frühstücken. Auch im Koblenzer Hbf fanden sich dann die üblichen Verdächtigen in Sachen bargeldlosem Snackverkauf. Man muss also nicht mehr wirklich vor einer Bahnreise zum Geldautomaten.
Weiter ging es mit einem modernen Regionalexpress der unter der Marke „SÜWEX“ von der DB Regio gefahren wird. Da der vom Land bestellte und bezahlte Regionalverkehr aufgrund der vor einigen Jahren eingestellten Fernzüge nun auch Touristen befördert, bedient man die Fahrgäste am Platz mit einem Caddy. Hier gibt es Kaffee, Bier, Wein und Sandwiches. Im Gegensatz zum Caterer im IC2, muss hier bar bezahlt werden. Nun ja. Auch das wird sich sicherlich noch irgendwann ändern.
In Trier angekommen ging es erst einmal ins Hotel (Mercure Porta Nigra) um dort den Koffer zu deponieren.
Stadtrundgang und Besichtigung der Kaiserthermen
Da das Wetter einigermaßen mitspielte, haben wir einen Spaziergang durch die Stadt in Richtung Kaiserthermen unternommen. Der Eintritt kostet 4€ für Erwachsene und die Dame an der Kasse hat es absolut kalt gelassen, dass nacheinander fünf Leute jeweils diesen Betrag mit dem Smartphone bzw. kontaktloser Karte beglichen haben. Ich kann mich noch gut an Zeiten erinnern, wo Mindestumsätze oder die Einschränkung auf girocard-Akzeptanz zu Generve geführt haben.
Die Kaiserthermen lohnen sich wirklich zu besichtigen. Dabei sind es nicht nur die freigelegten Gänge, die beeindrucken, sondern vielmehr auch die Informationstafeln und Zeichnungen, die den Originalzustand versucht haben zu rekonstruieren und deutlich machen, wie weit die Römer damals in Sachen Bauen und Technologie waren. Es heißt ja nicht umsonst der „Rückfall ins finstere Mittelalter“. Wie viel Wissen wohl zusammen mit dem römischen Reich untergegangen ist?
Weiter ging es noch zu den frei zugänglichen Überresten der Barbara Thermen.
Mittagessen in der „Kartoffelkiste“
Frühes Aufstehen und Wanderungen durch die Stadt machen hungrig. Wir haben uns für ein Mittagessen in der „Kartoffelkiste“ entschieden. Der recht zentral gelegene Laden bietet sehr viel Platz und Speisen zu zivilen Preisen. Trotz der sehr tourimäßigen Ausrichtung sind die Speisen lecker und der Service aufmerksam und freundlich. Fünf Personen konnten auch hier problemlos getrennt per Karte bezahlen. Kein Stöhnen, kein „DAS HÄTTEN SIE FRÜHER SAGEN MÜSSEN !!!!!11!!!“. Auch das ein ziemlicher Fortschritt.
Weinprobe beim „Reichsgraf von Kesselstatt“
Was wäre ein Trierbesuch ohne Weinprobe. Am Freitag Abend haben wir zu fünft eine Riesling-Probe in einem der bekanntesten Weinkeller der Stadt unternommen. Wer mehr über die Weine erfahren möchte, dem empfehle ich den Bericht von @tmmd auf seinem Weinblog. Torsten hatte die Tickets für die Weinprobe online gekauft, so dass vor Ort selbst alles schnell und problemlos verlief.
Tap and Pay in der Weinstube
Im Anschluss haben wir in der ebenfalls zum Weingut gehörenden Weinstube zu Abend gegessen. Drinnen wie Draußen war dort recht viel los, aber das mit dem Abstand halten klappte so einigermaßen. Interessant ist das Bestellprinzip: Speisen und Getränke werden an der Theke bestellt und sofort bezahlt. Getränke können dann zum Platz mitgenommen werden. Für bestellte Speisen erhält man ein kleines Holzfähnchen, welches den Kellner*innen dann einen Hinweis gibt, wo das Essen abzuliefern ist.
Auffällig viele Gäste haben ihre Rechnungen bargeldlos beglichen, da es auch völlig unproblematisch war für eine Flasche Wasser oder ein Glas Bier (Pfui, Frevel!) sein Smartphone zu nutzen. Die Betreiber wiesen per Hinweistafel auch darauf hin, dass bevorzugt bargeldlos bezahlt werden solle.
Nach Studentenkneipen in Kraków und Wetherspoon’s in UK, scheint man auch in Deutschland inzwischen Gefallen daran zu finden.
Frühstück in der „Suite au Chocolat“
Da wir in unterschiedlichen Hotels übernachtet haben (B&B, Mercure) und bei beiden das Frühstück eher „OK“ als gut sein sollte, haben wir uns am Samstag in einem kleinen Café in der Innenstadt getroffen. Die Speisekarte bot eine Vielzahl verschiedener Frühstückskompositionen von süß bis herzhaft. Die Portionen fand ich persönlich überschaubar, dafür aber im Preis ganz OK. Bei entsprechendem Hunger hätte man auch ein zweites Frühstück bestellen können und läge im Preis im Bereich liebloser Hotelbuffets.
Die Bezahlung mit Karte war auch hier kein Problem. Es kam ein iZettle mit der dazugehörigen App zum Einsatz.
Besichtigung des Weinguts Viermorgenhof
Das Highlight des Tages führte uns zum Winzer Dr. Daniel Molitor nach Kinheim-Kindel. Torsten hatte dies im Vorfeld organisiert. Mit dem SÜWEX ging es zwei Stationen in Richtung Koblenz zum Hauptbahnhof vom Wittlich. Dank Gruppenticket kosteten Hin- und Rückfahrt übrigens nur 22,60€ für fünf Personen. Dort angekommen, erwartete uns Daniel erst einmal mit einer Flasche Sekt, bevor wir sodann zu einer Tour durch die Weinberge der Gegend aufbrachen. Natürlich begleitet von weiteren Weinen. Zum Abschluss fuhren wir dann noch zu seinem Weingut, wo wir noch einige Weine verkosten konnten. Ich denke, dass Torsten da sicherlich noch eine detailliertere Beschreibung in seinem Blog Weinprobe.org veröffentlichen wird.
Die Weine vom Viermorgenhof lassen sich online bestellen, was wir dann auch direkt nach Rückkehr alle gemacht haben. Die Bezahlung erfolgt i.d.R. per Vorkasse.
In der Stadt unterwegs
Überschaubares Frühstück, viel Bewegung und gute Weine sorgen natürlich für Hunger. Da unser Abendessen aber schon in Sichtweite war, gab es nur eine Kleinigkeit. Die „Frittenwelt“ ist ein Take-Away mit Pommes und verschiedenen Poutines, wie man sie bspw. vom ähnlich klingenden „Frittenwerk“ kennt. Auch hier wurde für Kartenzahlung an der Kasse geworben („EC“-Logo …) , das Terminal von VR Payment stand auch deutlich sichtbar neben der Kasse. Allerdings wurde ein – wenig verständlicher – Mindestumsatz von 5€ verlangt. Dieser war natürlich auch nicht ausgeschildert. Immerhin war das Bezahlen mit Mastercard und VISA kein Problem.
Auf dem Weg zurück ins Hotel, machte ich Halt bei den „Coffee Fellows“. War hier vor einigen Jahren Kartenakzeptanz noch rar gesät oder mit willkürlichen Mindestumsätzen versehen, so bittet man inzwischen auch hier um kontaktloses Bezahlen. Ohne etwas zu sagen oder auffällig mein iPhone in der Hand zu halten, wurde ungefragt das Kartenterminal aktiviert. Das hat schon was von Pret-a-Manger. Interessanterweise wollte das Yomani-Terminal keine girocard (Apple Pay). Auf einen Gegentest mit der Plastikkarte (Autorisierung via Maestro oder girocard) habe ich dann aber verzichtet und gleich die VISA genommen.
Abendessen im „Das Weinhaus“
Das „Weinhaus Trier“ zeichnet sich durch eine 76-seitige Weinkarte aus. Torsten hatte in der ersten Runde gleich zielsicher den Wein für uns ausgesucht, der nicht vorrätig war. Die weiteren Anläufe waren allerdings erfolgreicher. Die Speisekarte ist bewußt überschaubar gehalten und das Kalbschnitzel eine absolute Empfehlung. Auch die Nachtische haben es in sich.
Der Service auch hier sehr aufmerksam und freundlich, dabei aber nicht versteift wie man es angesichts der Location vielleicht erwarten könnte. Auf jeden Fall ein Laden, den ich sicher beim nächsten Trierbesuch ansteuern werde.
Auch der schönste Abend geht irgendwann zu Ende und am Ende steht immer die Rechnung. Auch hier waren die Preise wieder sehr zivil für das gebotene Ambiente und das getrennte Bezahlen mit Kreditkarte kein Problem.
Die Rückreise
Da ich noch etwas vom Sonntag haben wollte, habe ich den Zug zurück um 12:30 genommen. Anstelle des Hotelfrühstücks gab es schnell etwas vom Bahnhofsbäcker. Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass auf so einem Provinzbahnhof immer noch King Cash regiert. Aber Fehlanzeige. Vor mir bezahlte gerade ein junges Pärchen mit „Ba-Bing“ seinen Kaffee. Mein Brötchen und meinen Kaffee habe ich dann mit hoch zum Bahnsteig genommen und dort in Ruhe und abseits anderer Menschen verzehrt.
Während der Reise haben wir dann übrigens noch gegenseitig unsere Auslagen beglichen. Hierbei kamen PayPal und KWITT zum Einsatz. Andere hätten am Samstag Abend noch im Restaurant angefangen, mit Scheinen und Münzen zu hantieren. Moderne Zeiten!
Fazit
Was vor sechs Jahren, ja sogar noch vor vielleicht zwei Jahren, völlig unmöglich erschien, scheint inzwischen möglich zu sein. Reisen ohne Bargeld innerhalb Deutschlands. Und zwar ohne sich großartig vorbereiten zu müssen und – für Viele verständlicherweise wichtig – irgendwelche Abstriche zu machen oder Verrenkungen zu unternehmen.
An dieser Stelle sage ich daher: „Danke, Corona!“