19. März 2024

Die ersten Wochen mit einem Elektroauto

Inzwischen steht der kleine Löwe schon sieben Wochen in meiner Tiefgarage. Zeit für ein kleines erstes Fazit. Wie ja bereits im ersten Beitrag geschrieben, habe ich das Glück, dass sowohl im Büroparkhaus in Monheim, als auch wenige Meter von meiner Haustüre entfernt, entsprechende Ladesäulen (22kW AC) stehen. Die Säule im Parkhaus am Monberg in Monheim erfreut sich immer größerer Beliebtheit, ist sie doch kostenlos. Bei mir vor der Haustüre ist es aktuell noch kein Problem, sein Fahrzeug zu laden. Hier kostet die Kilowattstunde 39 Cent. Auch in der näheren Umgebung gibt es genug Ladepunkte. Ca. 100m entfernt befindet sich ein Lidl-Markt, der seinen Kund*innen das Laden für 30 Minuten kostenlos anbietet.

Mein normales Nutzerprofil sieht Fahrten zwischen 25 und 70 Kilometern (einfache Entfernung) vor. Angesichts einer WLTP-Reichweite von 340 Kilometern und der im Moment ausreichenden Infrastruktur, waren im Alltag keine Einschränkungen gegenüber einem Verbrenner zu erwarten und sind auch nicht aufgetreten. Lediglich einmal versagte eine Ladesäule auf einem Hof eines Telekom-Standortes und aufgrund der mangelnden Erfahrungswerte wurde ich leicht panisch, habe dann aber noch einen Schnelllader von EnBW ansteuern können. Der Stress war völlig umsonst, wie sich später herausgestellt hat.

Das Thema mit den vielen Apps und Ladekarten werde ich in einem weiteren Beitrag mal etwas weitergehend besprechen. Aktuell bin ich mit Ladekarten von EnBW, EWE-Go und der App TankE gut aufgestellt.

Die erste „Fernfahrt“

Weite Reisen unternehme ich seit vielen Jahren nahezu ausschließlich mit der Bahn. Daher stand bei der Anschaffung des e-208 auch eher die Tauglichkeit für den Stadtverkehr mit ein paar kürzeren Abschnitten Autobahn im Vordergrund. Das Fahrzeug ist mit 136 PS mehr als ausreichend motorisiert. Ich fahre es auch meist im Eco-Modus, wo auf ca. 80 PS abgeregelt wird. Abgeregelt ist der Wagen bei 150 km/h. Über 120 km/h steigt der Verbrauch auch extrem an. Wer also regelmäßig längere Strecken fährt, sollte sich vielleicht woanders umschauen.

Nichtsdestotrotz wollte ich natürlich wissen, wie sich der Löwe auf einer etwas weiteren Strecke schlägt. Dafür habe ich mir eine Reise nach Sittensen (zwischen Bremen und Hamburg) ausgesucht. Tür zu Tür sind das 355km, also knapp mehr als das, was der Wagen laut WLTP-Reichweite leisten soll.

Im Prinzip führt die Reise eigentlich ab dem Kreuz Leverkusen immer nur die A1 hoch. Ich habe das Fahrzeug am Abend vor der Abreise an der Säule der RheinEnergie auf 100% aufgeladen, um nicht schon nach kurzer Zeit einen Boxenstop einlegen zu müssen.

Ich hatte mir einige Tage vorher über die Webseite going-electric einige mögliche Ladestops anhand des Fahrzeugtyps und einiger Parameter ausrechnen lassen. Da ich zwar grundsätzlich ein Freund guter Vorbereitung bin, aber für eine Fahrt die jetzt nicht gerade nach Südeuropa führt, mich nicht wirklich bis hin zur vorgegebenen Geschwindigkeit einer App unterwerfen wollte, bin ich mit ein paar möglichen Zwischenstopps im Hinterkopf einfach mal drauf los gefahren.

Bereits im Bergischen Land fiel auf, dass auf den Raststätten eigentlich überall Ladesäulen sind. Das Verkehrszeichen 365 (Zapfsäulen mit Stecker, siehe Abbildung) weist darauf hin. Darüberhinaus wurden inzwischen wohl auch Säulen aufgestellt, ohne dass diese durch das Vz 365 auf der BAB ausgewiesen werden. Da hilft einfach nur abfahren und Augen offen halten. Praktischerweise befinden sich die Säulen wohl häufiger in Nähe der Raststättenrestaurants.

Auf der Hinfahrt, immer noch etwas ängstlich, habe ich zwei Ladestops eingelegt. Zunächst nach rund 177 Kilometer an der Raststätte Tecklenburger Land Ost. Dort habe ich 22 kWH in 21 Minuten nachgeladen und dann ein weiteres Mal in Sottrum 9,7 kWh in knapp 13 Minuten. Mein Ziel erreichte ich mit bequemen 34% Restladestand.

Eine der Ladesäulen (e-on) erwartete übrigens die Nutzung einer RFID-Karte. Das Scannen des QR-Codes funktioniert dort nur, um ad-hoc mit Online-Kartenzahlung laden zu können. Glücklicherweise hatte ich sowohl die EnBW als auch die EWE-Go Karte eingepackt.

Die Rückfahrt

Aufgrund der positiven Erfahrungen was die Infrastruktur entlang der BAB A1 angeht, war ich auf der Rückfahrt etwas mutiger. Zunächst habe ich den Wagen an einem 50kW-Schnellader von allegro an einer Shell-Tankstelle in Sittensen auf 100% aufgeladen. In der Zwischenzeit bin ich entspannt mit einem Kollegen in die Stadt zum Essen gefahren. Danach ging es dann sofort auf die Autobahn. Inzwischen musste ich einsehen, dass Tempo 105-100 auf einer deutschen Autobahn so gar nicht funktioniert. Rechts wird man von LKW ausgebremst und auf der mittleren Spur setzen sich regelmäßig Leute direkt vor einen, die die linke Spur kurz freimachen. Also bremst das Auto erst abrupt herunter, um dann wieder Gas zu geben. Das macht wenig Spaß. Mit Tempo 120 bis 125, dort wo erlaubt, kommt man ganz gut voran und der Verbrauch liegt auch im grünen Bereich.

Nach ca. 20 Minuten im Stau an einer Baustelle in Nähe der Raststätte Dammer Berger fuhr ich dann an der Raststätte Tecklenburger Land raus und habe 24,6kWh in 22 Minuten an einem Schnellader nachgeladen. Die Zeit reichte für einen kurzen Abstecher in die Raststätte und einen leicht überteuerten Kaffee.

Mit dieser Ladung bin ich bis nach Hause gekommen und im Akku verblieben noch 18% Restladung.

Fazit

Distanzen bis ca. 400 km lassen sich mit dem e-208 wirklich problemlos bewerkstelligen, solange man das nicht jede Woche macht. Er ist ein sportlicher, aber bequemer Kleinwagen. Ein einmaliges Nachladen für 20 bis 25 Minuten nach rund 180km ist für gelegentliche Fahrten völlig OK. Müsste ich diese Strecke jede Woche, dazu vielleicht noch in der Nacht, fahren, wäre sicherlich ein Fahrzeug mit einem größeren Akku angebracht.

Leider kaufen immer noch zu viele Menschen ihr Auto nach dem Maximalbedarf. So eine Strecke werde ich voraussichtlich max. zwei Mal im Jahr fahren. Dafür kaufe ich mir garantiert kein fettes SUV von Audi oder Mercedes.

Marc-Oliver Schaake

Lotus / IBM / HCL Notes Professional Mag Reisen mit dem Zug, insbesondere mit Nachtzügen Kartenzahler seit 1987

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