19. März 2024
Kalendereintrag 31

2022: Ruhe auf dem Blog, neue Debitkarten und Ende der Kostenloskultur

Wie jedes Jahr um die Zeit, möchte ich an dieser Stelle kurz innehalten und auf das vorangegangene Jahr in Sachen bargeldlosem Bezahlen zurückblicken.

Wer diesen Blog aufmerksam verfolgt, der wird schon gemerkt haben, dass es hier wesentlich ruhiger geworden ist, was neue Blogposts angeht. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Beruflich war es für mich ein sehr anstrengendes Jahr. Wir haben nach über 15 Jahren Betrieb unser CRM komplett neu entwickelt und 2022 war das Jahr in dem wir das Ganze zu einer runden Sache gemacht haben und im Oktober den Rollout über die gesamte Unternehmensgruppe durchgeführt haben. Dazu kamen natürlich noch einige spannende Kundenprojekte, auch rund um das Thema Kartenakzeptanz.

Allerdings muss man ehrlicherweise auch dazu sagen, dass wir uns in Deutschland immer mehr dem „Normalzustand“ annähern, d.h. dass sowohl die Akzeptanz von Kartenzahlungen als auch das Bezahlen kleinerer Beträge per Karte oder Smartphone zur Selbstverständlichkeit werden. Auch, wenn sich einige noch dagegen wehren mögen.

Vorbei sind auch die Zeiten, wo jede neue Challenger-Bank mit einer tollen App und Debitkarte abgefeiert wurden. Zu sehr ähneln sich die Produkte in ihrer Ausgestaltung und Pricing. Diese Entwicklung zeichnete sich schon länger ab. Siehe auch ein Blogpost hier aus dem Jahre 2020.

Das Ende der Kostenloskultur?

Apropos Pricing. Nach comdirect und ING hat nun auch die DKB die Zügel angezogen und verlangt einen Mindestgeldeingang von 700€ pro Monat. Hinzu kommt, dass man nun auch von Bestandskunden eine Gebühr für die girocard sehen möchte. Selbstredend erhält man für die Jahresgebühr von knapp 12€ nur ein Produkt für den seltenen Notfall, dass die Debitkarte von Visa nicht akzeptiert werden sollte. Apple Pay & Co.? Fehlanzeige.

Auch bei den Challenger-Banken hat man erkannt, dass man früher oder später nur mit aktiven Kunden Geld verdienen kann. Vivid erwartet ab Januar mind. eine Kartentransaktion pro Monat oder alternativ 1.000€ Guthaben auf dem Konto. Ansonsten werden 3,90€/Monat fällig. Bei Tomorrow hat man sich gleich komplett vom kostenlosen Einsteiger-Konto verabschiedet. Derweil hält N26 eisern die Stellung.

Natürlich gibt es weitere Anbieter, die noch auf ein bedingungslos kostenloses Girokonto setzen, so bspw. Santander mit dem eigenen BestGiro oder deren Label „OpenBank“.

Häufig wurde die schwierige Ertragslage der Banken im Niedrigzinsumfeld als Grund für das Erheben oder Erhöhen von Entgelten genannt. Spannend dürfte also die Frage werden, welche Auswirkung die Zinswende der EZB haben wird.

Visa Debit-Rollout schreitet voran

Was bereits 2021 begann, hat in 2022 richtig an Fahrt aufgenommen: Die Ausgabe von Visa Debit-Karten als Standard zum Girokonto. Nach comdirect, ING und DKB sind inzwischen auch die Targobank und Santander Deutschland im Club. Kundinnen und Kunden können sich über ein modernes Produkt freuen, welches auch international im E-Commerce einsetzbar und im Falle der meisten Issuer auch mit Apple Pay und Google Pay nutzbar ist.

Es gibt aber auch kritische Stimmen. Neben der fehlenden Akzeptanz bei einigen renitenten girocard-only Händlern vermissen gerade die DKB-Kunden die kostenlose Kreditkarte, mit der es abseits der großen Ketten einfacher möglich war, eine Kaution für einen Mietwagen oder ein Hotelzimmer zu hinterlegen.

Wer bei der DKB keine 2,49€ pro Monat bezahlen möchte, der findet bei Barclays oder der Hanseatic Bank immer noch kostenlose Visa-Karten ohne Fremdwährungsgebühren.

Was mit Apple Pay und Kreditkartenprodukten begann, wird sich mit der millionenfachen Ausgabe von Visa Debitkarten fortsetzen: Der Wunsch seitens der Konsumentinnen und Konsumenten, mit „ihrer“ Karte bezahlen zu wollen, wird den Druck auf Händler und Gastronomen erhöhen, sich endlich mit dem Thema Kartenakzeptanz auseinanderzusetzen und ihre teils Jahre alten Verträge upzugraden.

Der Sommer 2022: Das 9€ Sommermärchen und der Terminal-Gau

Aus Sicht dieses Blogs dominierten zwei Themen den Sommer: Das 9€-Ticket und dessen Einführung deutlich gemacht hatte, dass man wenn man nur will, Jahrzehnte lang verkrustete Strukturen aufbrechen kann und natürlich die Probleme mit den H5000-Terminals von Verifone, welche für teils wochenlang anhaltende Ausfälle bei der Kartenakzeptanz sorgten.

Als Resultat aus dem großen Feldversuch mit dem 9€-Ticket werden wir wahrscheinlich im April einen Nachfolger für 49€ erhalten. Viele Einzelheiten, unter Anderem wie genau die Vertriebswege aussehen werden, sind aber noch unklar. Klar ist nur, dass es damit für viele Pendlerinnen und Pendlern deutlich günstiger werden dürfte.

Der Ausfall der H5000-Terminals hat zunächst einmal für einen schnellen Austausch der veralteten Geräte bei vielen Händlern gesorgt. Ob es in Folge dessen nun bessere Konzepte zum Verhindern einer Wiederholung gibt oder ob sich große Retailer ernsthaft Gedanken über eine Fallback-Lösung gemacht haben, werden wir sehen. Ich tippe ja eher darauf, dass man es wieder darauf ankommen lassen wird.

Mastercard verkündet Abschied von Maestro

Im Sommer gab Mastercard bekannt, dass ab Juli 2023 keine neuen Maestro-Karten mehr ausgegeben werden dürfen. Als erste Reaktion auf diese News erschienen unzählige, schlecht recherchierte und falsche Artikel in den Publikumsmedien („Das Ende der EC-Karte wie Sie sie kannten“).

Meiner Meinung nach ein Schritt, der längst überfällig war. Die Mehrheit der Maestro-Karten war nur für den POS-Einsatz gedacht und in vielen Märkten ist die Online-Akzeptanz nahezu nicht vorhanden. In Zeiten, in denen der E-Commerce immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist ein „Offline-Scheme“ schlichtweg nicht mehr zeitgemäß.

Aktuell sieht es auch so aus, als ob es mit Ausnahme einiger „Gnadenersuchen“ auch beim ursprünglichen Zeitplan bleiben wird.

Neue Co-Badges für die girocard

Mit dem Aus für Maestro stellte sich natürlich auch die Frage, wie die Banken in Zukunft ihre girocards für den Auslandseinsatz ausstatten werden. Die Sparkassen haben ja schon recht früh damit begonnen die Debit Mastercard als Co-Badge (Testbericht) zu positionieren. Zu Anfang war die Begeisterung für das Produkt im Sparkassen-Lager recht überschaubar. Ob man es als Reaktion auf das Anziehen der Daumenschrauben seitens Mastercard werten mag, dass sich inzwischen rund ein Drittel der Sparkassen für Visa Debit als Co-Badge entschieden haben sollen, mag jeder für sich selbst beurteilen. Da inzwischen auch das Co-Badge mit Apple Pay und der App „Mobiles Bezahlen“ für Android genutzt werden kann, kann man allerdings sicher feststellen, dass das Thema für den größten Issuer von girocards durch ist.

Beim zweitgrößten Issuer, der genossenschaftlichen Bankengruppe, wird es wohl eine Debit Mastercard als Co-Badge. Ob Visa auch zum Zug kommen wird und wie die Mobile Payment-Strategie für die neuen Karten aussehen wird? Man weiß es nicht. Sicher ist jedoch, dass die GLS bereits um Fristverlängerung gebeten hat.

Die Degussa-Bank hat als erste Bank aus dem privaten Sektor eine Co-Badge Karte mit Debit Mastercard auf den Markt gebracht. Weitere dürften bald folgen.

girocard & Apple Pay: Sparkassen bald nicht mehr allein zu Haus

Angesichts des Erfolges der Sparkassen mit der girocard in Apple Pay eigentlich schwer nachvollziehbar, dass auch zwei Jahre nach dem Launch keine anderen Banken live sind. Immerhin hat die Essener National-Bank angekündigt, im nächsten Jahr starten zu wollen. Da sich die National-Bank der Unterstützung des Bank-Verlags bedient, ist aber davon auszugehen dass es nicht bei einem eher unbekannten Regionalinstitut bleiben dürfte.

girocard im E-Commerce

Mit den neuen Co-Badges wird die girocard in Zukunft genauso online nutzbar sein, wie eine herkömmliche Visa oder Mastercard. Dennoch gibt es seit einigen Wochen eine neue Möglichkeit, mit der girocard online zu bezahlen. Über den Bezahldienst „giropay“ und bspw. der App „Mobiles Bezahlen“ lassen sich Zahlungen freigeben. Einen ersten Test habe ich im November durchgeführt.

Und 2023?

In den vorangegangenen Jahren gab es auch stets einen Wunschzettel an das neue Jahr. Schauen wir mal, ob sich genügend (neues) Futter dafür finden lässt.

Marc-Oliver Schaake

Lotus / IBM / HCL Notes Professional Mag Reisen mit dem Zug, insbesondere mit Nachtzügen Kartenzahler seit 1987

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