15. Oktober 2024
Navigo Pass

Mit dem iPhone im Pariser ÖPNV unterwegs

Kurz vor Beginn der Olympischen Spiele in Paris, startete endlich auch für iPhone-Besitzer das mobile Ticketing. Zuvor war es schon möglich, mit einer Auswahl von Android-Telefonen Tickets direkt auf dem Smartphone zu erwerben und an den Zugangssperren zur Metro und den RER-Zügen zu präsentieren.

Wenn die großen U-Bahn Systeme der Welt eines gemeinsam haben, dann ist es der Andrang der zur Rush Hour herrscht und wo selbst kürzeste Verzögerungen durch Störungen der Systeme oder ungeübte Nutzer zu längeren Schlangen führen können. Grund genug, sich das Ganze mal aus der Nähe anzusehen. Zumindest eine Fahrkarte hatte ich ja schon.

Kaufprozess

Wie der Kaufprozess auf einem iPhone funktioniert, habe ich bereits aus dem heimischen Köln heraus in einem Blogpost beschrieben. Den Beitrag findet ihr hier.

Zugang an den Sperren

In den Stationen der U-Bahn muss man am Zugang zum Bahnsteig einmal seine Karte präsentieren. Wer jetzt nach einem NFC-typischen Wellensymbol oder ähnliches Ausschau hält, muss relativ lange suchen.  Meistens findet man nur den in den Fotos unten abgebildeten lilafarbenen Bereich an der Säule. Wo man jetzt genau die Karte resp. das Smartphone hinhalten muss? Übung macht den Meister.

Mit dem Scan an der Sperre wird eine Einzelfahrt abgebucht. Man kann sich nun frei innerhalb des Metro-Netzes bewegen. Ein Scan am Ausgang ist nicht mehr nötig. Reist man hingegen mit einem Regionalzug (RER), so wird am Ein- und Ausgang gescannt.

Im Bus bzw. der Straßenbahn wird wiederum nur bei Betreten des Fahrzeugs ein Scan fällig.

 

Verarbeitungsgeschwindigkeit

Ein häufiges Argument für die Verwendung spezieller Karten auf Basis bspw. MIFARE (London) oder Calypso (der ursprünglichen Navigo-Karte in Paris) war die Geschwindigkeit, mit der die Karte ausgelesen werden konnte und man nach positiver Prüfung die Sperre für den Fahrgast öffnen konnte.

Als man in London damit begann, neben der bereits etablierten Oyster-Karte, direkt an der Bahnsteigsperre auch EMV-kompatible Debit- und Kreditkarten zu akzeptieren, hat man gleichzeitig auch den Prozess ziemlich optimiert. Die gelben Leser an den Sperren lesen zunächst die Kartendaten aus und gewähren Zugang. Parallel wird im Hintergrund geprüft, ob die Karte dem System bereits bekannt ist. Wenn nicht, wird ein Deposit von 1 GBP autorisiert. Verläuft alles normal, kann der Fahrgast am Ziel die gleiche Karte für das Öffnen der Gates benutzen.

Warum dieser Exkurs über den Ärmelkanal?

In der Praxis ist das Ganze doch noch recht tricky. Nicht nur, dass die Leser sehr merkwürdig, nämlich eigentlich gar nicht, gekennzeichnet sind. Auch das Scan-Prozess ist sehr gewöhnungsbedürftig. Hält man das iPhone nur hin, passiert erst einmal recht wenig. Kein Signal am Gate, keine Anzeige auf dem Smartphone. Erst, wenn man es wegbewegt erscheint eine Art Busy Indicator in der Apple Wallet. Die Autorisierung und damit die Freigabe der Bahnsteigsperre dauert dann aber auch noch recht unterschiedlich lang. Von Millisekunden bis hin zu zehn Sekunden habe ich alles erlebt.

Ich sag mal so: Wenn man den Dreh einmal heraus hat, funktioniert das System super. Aber das sollte nicht der Maßstab sein.

Nutzung der Apple Watch

Grundsätzlich lässt sich das System auch über die Apple Watch nutzen. Hierzu muss aber zunächst die Karte aus der Wallet des iPhones entfernt werden. Bereits gekaufte Ticket können über die App IDF Mobilités übertragen werden. Das ist aber auch schon wieder so ein Ding, bei dem man zu viele Schritte hintereinander in der richtigen Reihenfolge durchführen muss. Mal eben, wenn der Akku alle ist, die Uhr für eine Busfahrt nutzen? Nix da.

Navigo statt Open-Loop-Payment

Warum man im Jahr 2024 auf eine solche Lösung setzt, ist mir ein wenig schleierhaft. Nicht, dass das digitale Abbilden von ÖPNV-Karten außerhalb Europas jetzt so selten wäre, aber Navigo hat nun einmal keine sonstigen Bezahl-Funktionen wie Suica in Japan. Man hätte hier schlichtweg wie in London oder den Niederlanden zumindest als Option direkt Visa und Mastercard an den Gates akzeptieren sollen.

Fazit

An sich eine gute Sache, jedoch sollte die RATP unbedingt die Positionierung der Leser besser kennzeichnen und auch dafür sorgen, dass der Authorisierungsvorgang schneller beginnt und abgeschlossen wird. Perspektivisch sollte die direkte Akzeptanz von Visa und Mastercard für nicht rabattierte Fahrscheine nachgerüstet werden.

 

Marc-Oliver Schaake

Lotus / IBM / HCL Notes Professional Mag Reisen mit dem Zug, insbesondere mit Nachtzügen Kartenzahler seit 1987

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2 Gedanken zu “Mit dem iPhone im Pariser ÖPNV unterwegs

  1. In Sofia hält man nur die Karte (oder das Smartphone) an das Gerät in Bus oder Straßenbahn bzw. an die Zugangssperren zur Metro und fertig. Das Gerät berechnet den günstigsten Preis zum Ende des Tages und fertig. War vermutlich zu einfach für die Franzosen. 😉

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