Aktualisiert: 29.08.2020 20:25
Es hat sich schon lange abgezeichnet, aber in diesen Tagen endet die Zeit der yomo-Konten. Institute wie die Sparkasse Paderborn-Detmold kündigen die bestehenden Konten und bieten Kontoinhaber*innen an, in ein kostenpflichtiges Standardkontomodell der Sparkasse zu wechseln.
Das Projekt stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Das Ziel, dem Platzhirschen unter den Smartphone-Konten N26 Paroli zu bieten, war dann doch etwas zu hoch gegriffen. Auch wenn die App unter einigen technischen Problemen zu Leiden hatte (fehlerhafte Saldenanzeigen, User die in der Video-Identschleife gefangen waren), so waren die Gründe für das Scheitern doch vielfältig.
Während der öffentlichen Beta-Phase hatte yomo gleich mit zwei anspruchsvollen Testgruppen zu Kämpfen. Zum Einen waren da die ganzen Nerds, die so ziemlich jedes Smartphone-Konto in Europa getestet haben und dementsprechend viele Vergleichsmöglichkeiten hatten und zum Anderen eher Leute wie mich, die seit Jahren Sparkassenkunde sind und nicht so ganz verstanden haben, warum eine bunte App die nicht einmal 5% des Funktionsumfangs der Sparkasse-App bot und simple Geschäftsvorfälle wie den Dauerauftrag schlichtweg nicht kannte, jetzt der heiße Scheiß sein sollte.
Im Grunde bestand yomo zu Anfang nur aus einer App mit der man eine simple Überweisung (diese aber TAN-los) tätigen konnte („Sogar mit Emojis!!!“) und mit ein wenig Glück den korrekten Kontostand angezeigt bekam. Dazu gehörte eine in Payment-Nerd-Kreisen nicht gerade beliebte girocard.
Weitere Entwicklungsschritte waren Daueraufträge und P2P-Überweisungen („Kwitt“), die mit der bereits existierenden Funktion der Überweisungen zu „Geld senden“ verbunden wurden. Erst viel zu spät kamen die lang ersehnten Kreditkarten bei einigen der teilnehmenden Institute. Debit Mastercard? VISA Debit? Fehlanzeige.
Die wirklichen Fehler wurden aber weit vor dem Schreiben der ersten Codezeile der App begangen. Wenn ich ein Produkt kopieren und ggf. besser machen möchte, schaue ich mir zuerst seine USPs an. Am Beispiel von N26 waren dies zum damaligen Zeitpunkt u.a.:
- Kostenlose Kontoführung mit Debit Mastercard (kontaktlos, eCommerce-Einsatz)
- Kostenlose ATM-Nutzung
- Smartphone-App mit allerlei Funktionen zur Kategorisierung von Buchungen
- Push-Nachrichten bei Karteneinsatz
- Einfache unkomplizierte Kontoeröffnung und transparente Gebühren
Bei yomo hingegen fing es schon bei der Kontoeröffnung an kompliziert zu werden, da man sich eine Sparkasse aussuchen musste. Jede dieser Sparkassen hat ein eigenes Preis- und Leistungsverzeichnis in dem sich allerlei Gebühren verstecken. Diese schaut man sich besser am PC als auf einem Smartphone-Bildschirm an. Darüberhinaus gaben einige Sparkassen das komplette PLV nur eingeloggten Kund*innen heraus. Frei zugänglich war lediglich eine abgespeckte Version.
Geplant war ursprünglich eine kostenlose Basisversion, die um kostenpflichtige Add-Ons aus der App heraus hätte erweitert werden können. Leider hatte man das Thema wohl nicht ganz zu Ende gedacht. Das, was während des Tests als Funktionsumfang geboten wurde war weit von einer Marktfähigkeit entfernt. Zu viele Funktionen die beim Wettbewerb bereits in der kostenlosen Variante enthalten waren, fehlten schlichtweg.
Um am Markt hätten bestehen zu können, hätte man darüber hinaus das Produkt kontinuierlich weiterentwickeln müssen. Mit jedem Feature aber, welches yomo näher an N26 und Co. herangebracht hätte, hätte man aber irgendwann die Situation erreicht, dass man sich mit yomo die eigenen Kontomodelle kannibalisiert.
Angesichts der Tatsache, dass nicht wenige Sparkassen heute immer noch auf prohibitive Gebühren beim Karteneinsatz setzen oder auch Push-Nachrichten vom Kontowecker bzw. für die TAN-Übermittlung bepreisen, fehlt mir die Vorstellungskraft wie dies jemals in die Breite hätte skalieren sollen.
Im Grunde steht man wieder bei Null, ist aber um die eine oder andere Million Euro ärmer.