Bereits Ende November, noch vor dem Start von Apple Pay in Deutschland, habe ich meinen doch recht wohlwollenden Rückblick aus das Payment-Jahr 2018 veröffentlicht.
Auch, wenn Weihnachtsmann und Christkind inzwischen ihre Ruhe nach dem Sturm genießen dürften, so möchte ich doch ein paar Wünsche an das bald beginnende Jahr 2019 in Sachen Payment richten.
Kostentransparenz für Akzeptanzpartner
Jeder, der schon einmal für sich die Konditionen der verschiedenen Mobilfunkanbieter verglichen hat und gemäß des eigenen Nutzungsprofils das optimale Angebot gesucht hat, kennt das Problem. Allerdings hat der Mobilfunkkunde einen großen Vorteil: Die Konditionen stehen offen im Netz und lassen sich mit etwas Aufwand (vulgo: einem Wochenende bei Wasser & Brot Bier & Pizza) in eine Excel-Tabelle hacken und am Ende kommt so etwas wie ein Ergebnis dabei heraus, bei dem der Kunde lediglich noch abwägen muss, welche der vielen Kröten er zu schlucken bereit ist.
Bei den Kartenakzeptanzverträgen sieht das bis auf wenige Ausnahmen leider anders aus. Abgesehen von den mPOS-Anbietern wie iZettle und SumUp oder den Paketangeboten der Volks- und Raiffeisenbanken (VRPay) muss man schon verdammt lange suchen, bis man mal aussagekräftige Konditionen findet. Diese decken dann aber meist auch nur einen Teil des Geschäfts ab.
Alle Marktteilnehmer müssen erkennen, dass diese Geheimniskrämerei mehr schadet als nützt. Der Wunsch, bei einer Hand voll Altkunden, die seit Jahren oder gar Jahrzehnten treudoof dabei sind, weiterhin Wucherpreise abzukassieren, kostet nicht nur Glaubwürdigkeit, sondern verschreckt auch potentielle Neukunden, die nicht bereit sind direkt bei zwanzig, sondern vielleicht nur zwei Anbietern, anzufragen und mit hohen Tx-Entgelten plus Ad-Valorem-Kosten abgespeist werden.
Wie heißt es so schön: Wettbewerb belebt das Geschäft. Geheimniskrämerei nützt nur denjenigen, die überteuert anbieten wollen. Also: Preislisten ins Netz!
Mehr Aktivität und Interesse auf Seite der Händler und Gastronomen
Klar gibt es Firmen wie ALDI Süd, die nicht nur knallhart Konditionen verhandeln, sondern noch die letzte Millisekunde aus dem Autorisierungsprozess mit ihrer Terminal- und Kassensoftware herauskitzeln, aber die sind in Deutschland leider in der Minderheit.
Gerade Kleinunternehmer haben irgendwann einmal einen Akzeptanzvertrag abgeschlossen und sich nie so wirklich um Preisvergleiche gekümmert. Hohe Tx-Gebühren hat man versucht mit Mindestumsätzen zu begegnen und wer mit einer Mastercard oder VISA-Karte zahlen möchte, wird gerne mal höflich gefragt, ob auch eine Zahlung mit girocard möglich sei. Wer nicht gerade das Geschäftsessen mit zehn Gästen im Nobelsteakhaus zu begleichen hat, kommt diesem Wunsch sicherlich gerne nach.
Dabei sollte jedem Händler, dem der Zahlungsdienstleister noch 0,15€ pro Tx fix, plus Umsatzanteil in Rechnung stellt, doch angesichts der zunehmenden Anzahl von Bäckereien mit Kartenakzeptanz ab dem ersten Cent klar sein, dass die beste Mischkalkulation mit 15 Cent hier nicht funktionieren wird und es daher zwangsläufig günstigere Angebote am Markt geben muss.
Genauso kann es nicht sein, dass bei einem Payment-Terminal welches bei entsprechender Abnahmemenge knapp unter 200€ kostet, bei einer Mindestlaufzeit von 48 bis 72 Monaten, monatlich rund 20€ in Rechnung gestellt werden. Zusätzlich Kosten für den Netzbetrieb wohlgemerkt.
Leider ist es in Deutschland nicht ganz unüblich, Einmalkosten zu vermeiden, koste es, was es wolle. Das sieht man auch immer ganz gut im Bereich Mobilfunk.
Hier muss ein radikales Umdenken, hin zum mündigen Gewerbekunden, erfolgen. Auch auf Ebene von Händlergemeinschaften, Branchenverbänden und den Kammern sollte mehr unternommen werden.
Inselakzeptanz bekämpfen
Eine nicht zu unterschätzende Anzahl von Händlern und Dienstleistern unterstützt als einzige unbare Zahlungsmethode ausschließlich die girocard. Dabei reicht die Spannweite vom Italiener um die Ecke bis hin zum Bürgeramt einer Millionenstadt.
Damit werden nicht nur Bürgerinnen und Bürger vom unbaren Zahlungsverkehr ausgeschlossen, die bei uns in Deutschland zu Gast sind, sondern auch all diejenigen Einwohnerinnen und Einwohner, die von ihrem von der EU garantierten Recht auf die Nutzung von Zahlungsdiensten in jedem EU-Land Gebrauch machen oder ganz einfach Kunde bei einer der Neo-Banken sind.
Vielfach ist den Akzeptanzpartnern jedoch das Problem so nicht bewusst. Wie häufig habe ich schon in gebrochenem Englisch vorgetragene Fragen wie „Don´t you have a EC-Karte?“ am POS gehört.
In Zeiten größer werdender Mobilität von Menschen in Punkto Arbeitsplatz und Wohnort, kann das Akzeptieren eines ausschließlich nationalen Kartensystems keine Lösung sein. Allen Zahlungsdienstleistern sollte dies bewußt sein. Dogmatisches Handeln zum Schutz des eigenen Systems dient lediglich der Befriedigung politischer Interessen im Verbund, aber niemals den Kundinnen und Kunden.
Dort, wo langjährige Verträge mit alleiniger girocard-Akzeptanz bestehen, täten alle Dienstleister gut daran, eine entsprechend niedrigschwellig angelegte Upgrade-Kampagne zu starten und diese auch mit Incentives zu versehen.
Niedrigschwellige Akzeptanzlösungen für das Neugeschäft bereitstellen
Wie schon bei der Einführung von girocard kontaktlos zu beobachten, neigen Menschen dazu Technologien gerne zu nutzen, die nicht mit Einstiegshürden behaftet sind und Vorteile im Alltag bieten. Auf der Akzeptanzstellenseite gibt es natürlich die bekannten mPOS-Lösungen aber auch hier muss der Händler erst einmal aktiv werden. Antragsformular ausfüllen, Scan des Gewerbenachweises einreichen und vor Allem auf die Lieferung des Terminals warten.
Wie wäre es mit einer App, mit der sich Kartenzahlungen per NFC-Smartphone ohne weiteres Zutun akzeptieren ließen? Zur Registrierung benötigt ein Händler nur seine Onlinebanking-Daten. Das Ganze könnte man noch um eine einfache QR-Code-Lösung ergänzen.
Eine solche Lösung sollte auch Gelegenheitsverkäufern (Flohmarkt, Straßenfeste etc.) offen stehen.
Das Problem ist nicht, dass diese Technologien noch nicht existieren würden. Sie wurden ja vielfach auch schon von einzelnen Anbietern isoliert vermarktet, jedoch blieb der Erfolg nachweislich auch. Erinnert sich noch jemand an die Versuche der Deutschen Post?
Im Peer-to-Peer-Bereich haben sich zwar glücklicherweise Kwitt der Sparkassen und der Geldbote der Volks- und Raiffeisenbanken zusammengeschlossen, aber auch diese haben zusammen keine 100% Marktanteil in Deutschland. Parallel hierzu gibt es Bestrebungen bei Paydirekt, einen solchen Dienst ebenfalls anzubieten. Das klappt aber aktuell noch nicht bei den Sparkassen. Verwirrend? Ja, das ist es. Das muss nicht sein!
Als kleinster gemeinsamer Nenner bietet sich Paypal an, aber die Gebühren liegen außerhalb des „Friend- and Family-Bereichs“ oberhalb dessen, was klassische Kartenakzeptanz kostet.
Die DK täte gut daran, hier schnell für eine von allen Kundinnen und Kunden nutzbare Lösung zu sorgen. Im Zweifel durch Zukauf und Integration, anstatt wieder einmal wertvolle Zeit zu verschenken und die Erlöse aus den Kontoführungsgebühren in Mission Impossible-Projekten zu versenken.
„Pinnen? Ja graag!“-Kampagne
Seit Einführung der kontaktlosen girocard gab es immer wieder Aktionen mit einzelnen Einzelhandelsketten oder Mineralölkonzernen wie bspw. Esso. Gerade die Sparkassen haben hier kräftig investiert. Die Esso-Aktion ist insofern bemerkenswert, als dass die Teilnahmemöglichkeit nicht an die Nutzung der girocard gekoppelt wurde, sondern auch mit Mastercard und VISA-Karten der Sparkassen möglich ist.
Mastercard Deutschland kann man auch nicht vorwerfen, dass sie untätig waren. Neben dem Launch von Priceless Specials, das Karteninhaberinnen und Karteninhaber pro Zahlung ab 0,50€ mit Coins belohnt, sind natürlich auch die vielen Gewinnspiele (netto) und Veranstaltungen zu nennen oder auch Rabattaktionen wie bspw. bei Rossmann oder aktuell Starbucks. Bei Amex und VISA gibt es auch immer wieder derartige Aktionen.
Was aber fehlt ist eine landesweite Kampagne aller Stakeholder. Wieso bündelt man nicht die zweifelsfrei vorhandenen Etats bei Kartenherausgebern, Schemes und Handel und startet eine gemeinsame Aktion, die für entsprechende Aufmerksamkeit sorgen dürfte. Diese sollte so konstruiert sein, dass jede Zahlung zählt und man sich nicht separat dafür registrieren muss. Wenn es heute schon problemlos möglich ist, irgendwelche iTunes oder Google Play-Store Codes im Online-Banking zu erwerben oder sein Prepaid-Handy aufzuladen, so sollte bspw. das Einblenden eines Coin-Zählers auf der Startseite kein Problem sein.
Neben den Hauptpreisen sollte es eine ausreichende Zahl kleinerer und mittlerer Sweepstakes geben, die die Kunden sofort elektronisch einlösen können. Egal ob Gutschrift auf die Kontoführungsgebühr, ein Jahr Beitragsfreiheit für die Mastercard/VISA-Karte oder einen iTunes-Coupon.
Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Immer im Blick sollte jedoch sein: Wie kann ich den Kunden dazu bringen, meine Payment-Produkte einzusetzen und dafür belohnen, ohne dass dieser irgendetwas Anderes unternehmen muss, als seine Karte oder sein Smartphone am POS einzusetzen. Das kann natürlich nur über die Hausbanken laufen, da nur diese den direkten Zugang zu den Kundinnen und Kunden haben.
girocard, Apple Pay und Google Pay
Zugegebenermaßen gibt es für Nutzerinnen und Nutzer von Android-Geräten aktuell kein wirkliches Problem. Neben den eigenen Lösungen der Banken lässt sich auch ohne Probleme PayPal via Google Pay nutzen. Für die Freunde des Apfels gibt es mit VIMpay, boon., Hanseatic Bank VISA und Payback American Express auch genügend Alternativen zur Hausbank.
Dennoch ist nichts so komfortabel, wie die direkte Abrechnung aller Zahlungen über das Girokonto der Hausbank bzw. den dort meist mit großzügigem Kreditlimit versehenen Charge-Cards.
Ich würde mir wirklich wünschen, wenn man anstatt Dogmen zu leben, hier lieber mehr auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden achten würde. Die sind es schließlich, die die Schnittchen und den Sekt der Veranstaltungen der DK mit ihren Kontoführungsgebühren bezahlen.
Die polnische Alior Bank bietet ihren Kundinnen und Kunden konsequenter die freie Wahl bzgl. der Smartphone-Nutzung ihrer Mastercard: Apple Pay, Google Pay, Mobile Banking App unter Android und NFC-SIM basierend für Android-Geräte. Genau das erwarte ich eigentlich auch von den deutschen Banken. Dazu gehört dann auch, dass die girocard den Schritt in die Apple-Wallet macht.
girocard Co-Badge-Strategie
Sicherlich kein Thema, bei dem ich eine Lösung 2019 erwarte, aber die Erste Bank/Sparkasse in Österreich hat es vorgemacht und tauscht Maestro gegen Debit Mastercard aus. Ähnliche Bestrebungen hört man bzgl. V Pay und VISA Debit aus der Schweiz.
Die girocard emittierenden Banken würden dadurch zweifelsfrei einige Kreditkartenkunden verlieren, da viele Kundinnen und Kunden eine solche Karte eher aus der Notwendigkeit bei Onlinezahlungen und Reisen besitzen und weniger, um die maximal vier Wochen Zahlungsaufschub strategisch zu nutzen.
Andererseits würde man sich so auch einen Teil der Erlöse von PayPal, Klarna und anderen Diensten zurückholen, da eine Debit Mastercard auch online einsetzbar ist.
Im Detail dürften aber noch andere Probleme auf die Emittenten zukommen: Mit Maestro ist man, jetzt mal abgesehen von aktivierten Geo-Sperren, nahezu weltweit zahlungsfähig. Für V Pay gilt das immerhin noch in der EU und einigen Anrainern. Mit einer Debit Mastercard dürfte schon der Kurzurlaub in den Niederlanden wenig Spaß bereiten.
Bevor man hier in einzelnen Märkten wieder Alleingänge plant, sollten hier die Stakeholder auf europäischer Ebene tätig werden, auch wenn das nicht einfach werden dürfte.
Ja ist denn heute schon (wieder) Weihnachten?
Definitiv sind einige der oben genannten Wünsche reines Wunschdenken aus Sicht eines aufgeklärten Konsumenten. Das steckt ja auch irgendwie im Begriff. Die jüngere Wirtschaftsgeschichte hat jedoch gezeigt, dass man auch aus einer sehr sicheren Marktpositionen binnen weniger Jahre in die Bedeutungslosigkeit verschwinden kann. NOKIA und BlackBerry sind da abschreckende Beispiele bei den Herstellern von Smartphones.
Auch in Deutschland, wo Kundinnen und Kunden jahrzehntelang ihren Dienstleistern quasi Blutgehorsam geschworen haben, sind diese Zeiten längst vorbei.
Als erste durften dies die Telekommunikationsanbieter spüren. Mit einiger Verzögerung kamen dann die Energieversorger und Autoversicherer an die Reihe. Selbst vor der gesetzlichen Krankenversicherung macht die Wechselwilligkeit inzwischen keinen Halt mehr.
Wie um alles in der Welt kann sich da ein Bankvorstand sicher sein, dass die Kunden nicht auch irgendwann in Sachen Banking die Abstimmung mit den Füßen in wirklich spürbarer Anzahl durchführen werden?