23. Januar 2025
Kalendereintrag 31

Rückblick auf das Payment-Jahr 2024

In wenigen Tagen endet dann auch das Jahr 2024. Zeit für einen Rückblick, der dieses Jahr wenig spannend daherkommt. Der Grund hierfür ist, dass sich in Sachen Kartenzahlung und Kartenakzeptanz in Deutschland langsam aber sicher so etwas wie Normalität entwickelt hat. Zugegeben: Von einem Idealzustand sind wir hierzulande noch sehr sehr weit entfernt, aber den Exotenstatus hat der Wunsch nach bargeldlosem Bezahlen lange verloren.

Neu in 2024: Tap to Pay auf dem iPhone

Zugegebenermaßen gibt es das für Android-Geräte schon länger, aber seit diesem Jahr braucht man nicht einmal mehr ein Kartenterminal um Kartenzahlungen anzunehmen. Einen Test findet ihr hier.

Inzwischen bieten auch immer mehr Dienstleister die Bezahlform an. Darunter auch die Sparkassen, die inzwischen auch nativ die girocard akzeptieren.

Damit sollte auch dem letzten Zweifler klar sein, dass es bei mangelnder Kartenakzeptanz niemals um ein technisches Problem handelt, sondern schlichtweg mangelnder Wille der Grund ist.

Meilenstein: 16 Millionen Visa Debitkarten in Deutschland – erstmals mehr Visa Terminals als girocard

Im Februar vermeldete Visa, dass die Marke von 16 Millionen Visa Debitkarten überschritten sei und man darüber hinaus auch mehr Terminals angebunden hat, als dies bei der girocard der Fall sei. Der Streit über die Art und Weise der Zählung der darauf folgte, überlasse ich anderen.

Wenn man aus den Zahlen allerdings eines für den Kartenmarkt in Deutschland ableiten kann, dann: Durch die erfolgreiche Platzierung der Visa Debit als Top of Wallet-Card bei den großen Direktbanken, hat Visa etwas geschafft von dem lange Zeit niemand zu träumen gewagt hat: Die Normalisierung von internationalen Debit- und auch Kreditkarten am POS.

Dass man heute nahezu überall mit Visa und auch Mastercard bezahlen kann, ist auch dem Umstand geschuldet, dass immer mehr Kunden mit internationalen Debitkarten an der Kasse standen und Händler und Gastronomen reagieren mussten, wollten sie nicht einen stets größer werden Teil der Kundschaft zum nächsten Geldautomaten schicken.

Döner-Imbisse: Von der stets offen stehenden Kasse zum Kartenterminal

Eine der vielen weißen Flecke waren über lange die Zeit die Kebapläden, die das Gastroangebot unserer Städte prägen wie sonst nichts. Hier lässt sich inzwischen eine Zweiteilung feststellen: An vielen Türen prangen inzwischen die Logos der diversen Debit- und Kreditkartenmarken. Dabei fällt auf, dass nicht nur mPOS-Terminals wie von SumUp zum Einsatz kommen, sondern sehr häufig Terminals der bekannten Anbieter anzutreffen sind. Auf der anderen Seite sehen sich dadurch immer mehr Betreiber dazu gezwungen, ihre Imbisse mit den üblichen „Leider keine Kartenzahlung“-Schildern zuzupflastern.

Drei Faktoren dürften diesen Trend befördert haben. Zum Einen natürlich die generell gestiegene Nachfrage seitens der Kundschaft (siehe unten) aber auch die Folgen einer Zusammenarbeit mit Lieferando. Wer seine Lieferung bargeldlos bezahlen kann, erwartet den gleichen Service auch im Laden und greift zur Not auf die „Selbstabholer-Option“ der App zurück. Für den Betreiber die teuerste Form der Kartenakzeptanz.

In den großen Städten kommt noch eine für Deutschland ganz neue Entwicklung hinzu: Die Expansion der Franchise-Ketten. Bislang war „der Döner“ fest in der Hand von kleinen Betreibern, von denen die Meisten genau einen Imbiss führten. Was bspw. in Polen mit „Berlin Döner Kebap“ und „Sevi“ seit Jahren völlig normal ist, kommt so langsam auch bei uns. Ketten wie die Lukas Podolski-Beteiligung „Mangal“ oder „Haus des Döners“ eröffnen immer mehr Geschäfte und bieten auch Kartenzahlung an.

Zumindest aus Sicht der Kartenzahler scheint der Markt es hier zu richten. Ob das auch für die Qualität der Speisen gilt, muss jeder selbst beurteilen. Bei einigen „Haus des Döners“-Filialen gab es nämlich schon Hygienerügen.

Hast Du schon mal ein Geschäft verlassen, weil Du nicht mit Karte zahlen konntest?

Eine Frage, die wohl die meisten meiner Leserinnen und Leser mit einem eindeutigen „Ja“ beantworten würden. Es ist noch gar nicht so lange her, da hätte ein solches Handeln in Deutschland völliges Unverständnis bei der Mehrheit der Bevölkerung ausgelöst. Aber auch hier ändert sich so langsam die Mentalität. Laut einer Allensbach-Umfrage, die das it-Finanzmagazin zitiert, würden inzwischen sogar 45% der Generation 60+ eine gesetzliche Verpflichtung zur Kartenakzeptanz befürworten.

In einer von Mastercard bei GfK in Auftrag gegebenen Studie zeigte sich,  dass die Anzahl derer die ein Geschäft ohne Kauf verlassen oder es gar nicht erst betreten haben, von 28% (2022) auf 39% (2023) stieg. Wie die Zahlen 2024 wohl aussehen dürften?

girocard: Mit teils cringen Videos gegen den schleichenden Bedeutungsverlust

Während es für viele andere Payment-Angebote der deutschen Banken und Sparkassen nicht so rosig aussah (siehe unten), schlägt sich die girocard weiterhin wacker.

Allerdings gehört zum ganzen Bild natürlich auch der Hinweis, dass immer mehr Händler auf deren (native) Akzeptanz verzichten und, sofern vorhanden, über das Co-Badge der Karte autorisieren. Wessen digitalisierte, oder sogar physische, girocard kein Co-Badge trägt, wird an immer mehr Orten Probleme bekommen, wo das nicht gerade zu erwarten ist. Als Beispiel sei hier einmal die Franchisekette SSP genannt, die sowohl Teile der Bahnhofsgastronomie im Berliner Hbf betreibt, als auch REWE togo-Märkte.

Die Entwicklung ist ziemlich interessant, da man zwar auf der einen Seite immer wieder über neue girocard-PSP liest, die die girocard-Akzeptanz auch im Ausland am POS sicherstellen wollen, während zeitgleich Firmen wie Flatpay und Wordline Terminals aufstellen, die des Deutschen liebste Karte verschmähen. Passend dazu auch die Meldung aus dem Februar, dass wir in Deutschland erstmals mehr Akzeptanzstellen verzeichnen, die Visa akzeptieren als die girocard.

Spannend sind dann auch immer die Erklärungsversuche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Geschäften. Der absolute Klassiker ist zweifelsohne „Apple Pay mit Sparkasse geht bei uns nicht“, der darauf abzielt dass vor Allem ältere SparkassenCards noch kein digitales Co-Badge haben.

Aus Sicht der Bankkundinnen und Bankkunden ist dieses bunte Durcheinander aktuell keine gute Lösung. Darunter fallen für mich „Notfall-girocards“ oder digitalisierte girocards ohne Co-Badge genauso, wie Terminals die entweder nur girocard oder nur internationale Debitkarten akzeptieren.

Eine einfache Lösung haben viele Sparkassen seit Längerem in petto: Die SparkassenCard 2.0 mit girocard und Visa / Mastercard Co-Badge. Mit diesem Kartentyp kann es den Leuten, die sich aus mir völlig unverständlichen Gründen nicht für Payment interessieren, völlig egal sein, ob sie mit der Karte, mit dem iPhone oder der Android App an einem Terminal bezahlen und was das Kartenterminal für Präferenzen hat. Tap & Go. That’s it.

Jetzt würde man erwarten, dass auch die anderen Banken solche Lösungen anbieten würden. Aber weit gefehlt. Neben einem Hinauszögern des Maestro-Aus bei vielen Banken auf Teufel komm heraus, bringt die Commerzbank selbst Ende 2024 noch eine digitale girocard ohne Co-Badge auf den Markt.

Hier zeigt sich dann auch die Schwäche darin, dass es „die girocard“ eigentlich gar nicht gibt und es sich lediglich um einen technischen Rahmen handelt, der von den einzelnen Mitgliedern der Deutschen Kreditwirtschaft nach eigenem Ermessen genommen und umgesetzt wird. Wenn immer irgendwo die für das zentrale Marketing zuständige Euro Kartensysteme ein paar Euros für eine Werbung findet, die ein Smartphone zeigt, schließt man direkt Millionen von Kundinnen und Kunden aus.

Das hindert die Euro Kartensysteme aber nicht daran, mit teils cringen Clips an genaue jene Kundinnen und Kunden zu appellieren doch lieber die girocard anstelle anderer Karten zu nutzen. Obwohl man sich bei der Zielgruppe der Clips eigentlich auch nicht so wirklich sicher sein kann.

Blickt man so auf das Geschehen, so könnte man sich doch glatt mal die Frage stellen: Brauche ich die girocard wirklich noch? Die Frage werde ich im ersten Artikel des Jahres 2025 versuchen zu beantworten.

New kid on the block: wero

Dieses Jahr war es dann endlich soweit: Die erste Funktion aus dem Universum der european payments initiative (epi) steht nun auch (einigen) deutschen Bankkundinnen und Bankkunden zur Verfügung. Die direkte Bezahlung von Konto zu Konto nur durch Angabe einer Mobilfunk-Rufnummer oder einer E-Mail Adresse. Getestet und für gut befunden. Allerdings mit der Einschränkung, dass viele deutsche Banken (noch) nicht dabei sind. Unter den noch fehlenden Instituten befinden sich auch einige aus dem genossenschaftlichen Umfeld, die wohl erst einmal abwarten möchten.

Während die Zahlen aus Frankreich Mut machen, da man dort einfach alle Kunden eines bestehenden Systems migriert hat, setzt man in Deutschland auf etwas Werbung an Häuserwänden, Banner in den Banking-Apps und Social Media.

Dennoch scheint das Thema hierzulande niemanden so wirklich vom Hocker zu reißen. Die kursierenden Zahlen von ca. 600.000 Registrierungen bis Ende November enttäuschen insbesondere vor dem Hintergrund, dass Sparkassen und Volksbanken zusammen etwas mehr als 415.000 Mitarbeitende beschäftigen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Bis wir online damit bezahlen können, sollen jedenfalls auch noch Monate ins Land ziehen. Am POS wohl eher Jahre.

Gleich mehrere Payment-Abschiede zum Jahresende

Das endgültige Begräbnis einer Untoten steht an: Die GeldKarte und damit auch deren kontaktlose Variante „girogo“ werden am 31.12.2024 eingestellt. Dazu muss man aber sagen, dass schon lange keine neuen Karten mehr emittiert wurden und mit dem Rückzug wichtiger Zahlungsdienstleister auch die Akzeptanzstellen immer weniger wurden. Auf Kundenseite wird iwohl niemand auch nur eine einzige Träne vergießen.

In Vorgriff auf den nächsten „Paypal-Killer“ epi/wero wird der letzte propagierte „Paypal-Killer“ giropay ebenfalls eingestellt. Damit werden sowohl das ursprüngliche giropay-Verfahren (Onlinezahlung via Banking-Login), das ehemalige Paydirekt (Onlinezahlung mit E-Mail-Adresse und Kennwort) und die Peer-to-Peer-Lösung „Kwitt“ verschwinden.

Während vom Ende der GeldKarte niemand so richtig Notiz genommen haben dürfte, war die abrupte Kündigung von Händlerverträgen im Sommer durchaus ein Aufreger-Thema.

In Summe kann man sagen, dass für alle der o.g. Verfahren gilt, dass allen voran Sparkassen und Genossenschaftsbanken hier über die Jahre irrwitzige Millionensummen versenkt haben, die sie andererseits über teils abstrus hohe Kontoführungsgebühren und Dispozinsen eingetrieben haben.

Man darf gespannt sein, wie hoch der wero-Deckel in ein paar Jahren sein wird.

Ausblick auf 2025

Nachdem in 2024 die ersten Händler die von den großen Schemes forcierte Click-to-Pay-Lösung als Alternative in ihre Shops eingebaut haben, denke ich dass wir hier weitere Implementierungen im Alltag sehen werden, wobei jedoch spannend werden dürfte, ob sich hier der größte Vorteil einer solchen Lösung („Shoppen ohne Registrierung“) gegen den Wunsch des Handels, Kunden zu einer Registrierung zu zwingen, durchsetzen wird.

Spannend dürfte auch werden, wie gut oder schlecht die Volks- und Raiffeisenbanken die girocard in einer eigenen App für das iPhone implementieren werden und wie sich eine solche App in einem Mischumfeld aus Karten in der Apple Wallet und der BVR-App schlagen wird.

Marc-Oliver Schaake

Lotus / IBM / HCL Notes Professional Mag Reisen mit dem Zug, insbesondere mit Nachtzügen Kartenzahler seit 1987

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